#1

Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 12:16
von Munro (gelöscht)
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Gibt es Freunde von Frank Kafka hier?
Ich lese Kafka seit Jahrzehnten mit Begeisterung.



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#2

RE: Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 13:36
von Anthea | 12.371 Beiträge

Zitat von Munro im Beitrag #1
Gibt es Freunde von Frank Kafka hier?
Ich lese Kafka seit Jahrzehnten mit Begeisterung.


"Freunde" - zögerliches Jein..
Ich habe Kafka vor vielen Jahren gelesen und ihn interpretiert. Im Glauben, ihn verstanden zu haben. Wenn ich dann allerdings andere "Erklärungen" über seine Werke fand, dann lag ich wohl falsch...
Ich erinnere mich an "Die Verwandlung". Müsste das alles nochmal gedanklich Revue passieren lassen. Das letzte, was ich las, war, so glaube ich "Der Prozess". Ich werde mal in meinen Bücherregalen suchen...

Ich finde, dass auf Kafka zutrifft, dass, wie man sagt "Genie und Wahnsinn" dicht beieinander liegen. Nur ein kurzer Schritt...

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


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#3

RE: Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 14:02
von heiner | 881 Beiträge

Franz Kafka war ein Meister des Aphorismus und das ohne nur den Kurztext zu bemühen.
Da nehme ich die Verwandlung, bei der einem Mann aus der Mitte der Gesellschft, einer der mit Erfolg die Familie ernährte, ein Käfer wurde.
Dann sehe ich Hölderlin, der aus einem gelobten Genie, zu einem Fall für die Psychatrie seiner Zeit wurde. Ein Mann der allen als genialer Dichter vorgeführt wurde, um dann, trübsinnig im Tübinger Turm ein beladenes Dasein zu fristen. Er war zu jenem Käfer geworden, den auch seine liebsten Menschen um ihn, nicht mehr akzeptieren wollten.
Einer wie Kafka hat seine Geschichten immer so gestaltet, das jeder eine Lebenserfahrung reflektieren kann & dasselbe, jedem Anderen auch anzubieten vermag.


Wir wollen eine Gesellschaft, die mehr Freiheit bietet und mehr Mitverantwortung fordert. (Willy Brandt)
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#4

RE: Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 14:05
von Munro (gelöscht)
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Ich sage mal so:

Bei Kafka kann man selten falsch liegen.
Es sind viele Erklärungen gut und richtig.
Nicht nur eine einzige.



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#5

RE: Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 14:58
von Anthea | 12.371 Beiträge

Zitat von heiner im Beitrag #3
Einer wie Kafka hat seine Geschichten immer so gestaltet, das jeder eine Lebenserfahrung reflektieren kann & dasselbe, jedem Anderen auch anzubieten vermag.



Lieber heiner, aber Fantasie zu besitzen ist unabdingbar. Sonst steht ein "schlicher Leser", sozusagen wie "der Ochs vorm Berg" nach dem Motto: Was soll das. Grübel...

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


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#6

RE: Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 15:11
von heiner | 881 Beiträge

Kafka hat so viel Freiheit gelassen, dass man sich wiederfinden kann, wenn man das will. Nicht nur meine Adaption zu Hölderlin, die vielleicht in Landsmannschaftlicher Schwärmerei begründet ist, Kafka bietet uns allen an, ein Stück unserer Seele in seinen Geschichten wieder zu finden.
Nun bleib ich mal bei Hölderlin, der seine große Liebe verlor & in Trübsinn den Rest des Lebens im Tübinger Turm, als Verrückter dahin lebte. Wenn man ihn nicht zum Käfer verwandelt erkennt, wen sonst. Hier ein kleiner Einblick in seine Seele

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehmʼ ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.


Wir wollen eine Gesellschaft, die mehr Freiheit bietet und mehr Mitverantwortung fordert. (Willy Brandt)


zuletzt bearbeitet 20.03.2020 15:12 | nach oben springen

#7

RE: Franz Kafka

in Literatur 20.03.2020 21:45
von Munro (gelöscht)
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Zitat


Der Bank des Großvaters

Nächtens betrachte ich die Bank des Großvaters. Was will sie mir sagen, mir, dem Sohn des Hauses? Von fernher höre ich das Fehlläuten der Nachtglocke. Welche Botschaft will sie mir bringen? Von welchem Kaiser? Nachdenklich gehe ich am Morgen über die Brücke des alten Reiches. Ich bin von vielzähligen Schnabeltieren umgeben. Sie haben mich, als ich in Gedanken versunken beim Spazierengehen auf der Brücke stehen blieb und apathisch in den Himmel blickte, in einem Kreise umzingelt. Was wäre, wenn ich nun von der Brücke spränge? Ein unendlicher Strom von Fischen schwimmt unter der Brücke. Ein geradezu endloser Verkehr von schweigenden Fischen. Warum schweigen sie mit mir, dem alten und vertrauten Kunden des Kohlehändlers?

Allein mit meinen Gedanken gehe ich von Brückengeländer zu Brückengeländer. Warum kommt nicht meine Schwester, um mir zu helfen? Ich fühle, wie ich zu einem einzigen großen Ungeziefer werde. Ein alter Rabbiner sagte mir einmal: "Dieses Gesetz ist nur für dich bestimmt." Wann aber beginnt der Prozess? Und immer noch keine Nachricht aus dem Schloss meiner Heimat. Was ist, wenn ich nun verzweifelte? Niemand sieht mich, niemand hört mich. Lauter Niemand! Was, wenn ich nun selber ein Niemand wäre?




Diesen Text habe ich mal vor Jahren geschrieben.
Die Bausteine sind von Kafka, die Zusammenstellung von mir.

Erkennt ihr Kafkas Geschichten wieder?



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#8

RE: Franz Kafka

in Literatur 21.03.2020 05:46
von Waldveilchen | 68 Beiträge

Zitat von Munro im Beitrag #7


Ich fühle, wie ich zu einem einzigen großen Ungeziefer werde.

Was ist, wenn ich nun verzweifelte? Niemand sieht mich, niemand hört mich. Lauter Niemand!
Was, wenn ich nun selber ein Niemand wäre?



Ich verstehe nichts von Kafka und kenne auch seine Werke nicht.

Aber das klingt ja sehr depressiv!

So sollte man nicht denken, das ist nicht gut.



zuletzt bearbeitet 21.03.2020 05:46 | nach oben springen


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