#16

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 25.10.2018 11:52
von Anthea | 12.414 Beiträge

Zitat von gun0815 im Beitrag #15
Unabhängig davon, der Vorschlag die Ferien für nicht so Leistungsbringende zu verschieben, hat nun mal den Eindruck einer Sanktion. Damit muß man bei Delinquenten in diesem Alter aber vorsichtig sein. Kinder sind sehr ....direkt....und sowas kann schnell in eine innere Stimmung umschlagen, die eine Klasse kaputt machen kann.

Für mich klingt das wieder einmal wie ein Vorschlag, der am Grundproblem vorbei, nur die Auswirkungen dieser "bekämpfen" will.
Ich bin der Meinung, dass lieber die Lerngruppen verkleinert werden sollten. Das würde mehr Übersicht für den Lehrer und weniger Ablenkung für den Schüler bedeuten. Die "Schlüssel" sind das Problem mMn und nicht wann die Ferien für gute oder schlechte Schüler beginnen.

mfg


Es hat nicht nur den Anschein, es ist de facto eine "Sanktion". Und - warum auch nicht? Kinder müssen frühzeitig lernen, dass man an sie gestellten Forderungen auch mit Leistungen begegnen muss. Da ist Schonung der Art, dass Eltern meinen, ihrem Nachwuchs Dauerwelpenschutz gewähren zu müssen "Ach, wenn er/sie sich doch da schwer tut, keine Lust dazu hat, kein Talent...etc" nicht angebracht.

Man könnte genau so sagen, dass privater Nachhilfeunterricht auch eine Sanktion ist, denn sie entzieht dem Kind einen Teil seiner Freizeit. Verantwortungsvolle Eltern machen davon Gebrauch, um ihr Kind zu fördern und ihm zu helfen. Aber da wird dann von anderen oft gesagt: Das ist Sache der Schule. Nun kann diese nicht alles gesamtumfänglich für ein jedes Kind leisten. Siehe hierzu auch den Lehrermangel. Und viele Eltern haben auch nicht die finanziellen Mittel für einen Nachhilfelehrer. Dieses seinerzeit von der unfähigen von der Leyen geschnürtes "Care Paket" war ja ein Witz hinsichtlich der Zuwendungen. Das nur am Rande.

Wie heißt es so schön? Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr. Was also heißt, dass nicht nur "Spaß und Spiel" zum Erwachsenwerden gehören, sondern auch die Erkenntnis, dass "von nichts nichts kommt". Und das ist ganz wichtig für das spätere Leben. Zu späte Erkenntnis dessen führt vielfach schnurstracks in "HartzIV"...

Okay, das mit den Ferienbestrafungen resp. Abzügen ist wohl eine Schnapsidee.
Aber sinnvoll finde ich ein Modell, wie z.T. beschrieben, wenn Kinder frühzeitig sich quasi "spezialisieren" können. Man kann dies als frühe "Schnupperkurse" betrachten zwecks Austesten eigener Fähigkeiten. Hier sind dann die "Freiräume"!

Zu kurz kommen dürfen da im Schulunterricht natürlich nicht die Hauptfächer, wobei ich persönlich die "Tafelmethode" - also Lehrer als (Be)Lehrender vor der Klasse mit Demonstration und Schreiben an der guten alten Tafel - bevorzugen würde. Lehrer also als direkten Ansprechpartner anstatt Google und eines Tablets .Das als "Pflichtübungen".

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Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt. (Khalil Gibran)
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#17

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 25.10.2018 12:40
von gun0815 (gelöscht)
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Du schreibst, als wär ein Lernprozess etwas lineares. Ist er aber nicht, er ist dynamisch.

Wenn du schlechte Schüler so sanktionierst, dann sehen die sich immer als (logisch) bestrafte Personen.

Frage: Können Schüler wirklich immer etwas für ihre Leistungsschwäche? Nö, mit Nichten. Denn heute reden wir von jungen Menschen, die in eine Welt hineingeboren werden, die sie ständig überfordert.
Pädagogik ist nicht auf Strafen ausgelegt, die andere bevorteilen und andere benachteilen (kürzere Ferien).

Versteh das nicht falsch, fordern und fördern sollte man grad hier wörtlich nehmen. Und wenn bessere Schüler mit einem "Ätsch" auf den Lippen zwei Wochen früher in die Ferien gehen, dann bin ich der Meinung, dass dies nicht den Effekt erzeugt, den sich der Vorschlaggeber erwünscht.

Und mit Nachhilfe hat das auch wenig zu tun. Denn die ist nun mal freiwillig oder wird meist vom Erzeuger des Kindes selbst organisiert. Institutionelle Sanktionen, wie sie hier zur Diskussion steht, sind da für mich persönlich die falsche Herangehensweise.

mfg


Wer in Grenzen denkt, denkt begrenzt!


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#18

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 25.10.2018 13:47
von Anthea | 12.414 Beiträge

Zitat von gun0815 im Beitrag #17
Du schreibst, als wär ein Lernprozess etwas lineares. Ist er aber nicht, er ist dynamisch.


Doch, er ist mMn etwas lineares - mehr oder weniger. Immer bezogen auf die Hauptfächer! Man muss, nehmen wir Mathematik, auf einfachen Dingen aufbauen, Zahlen, einfache Rechnungsarten, um dann weiter zu gehen. Es gibt dort ein Fundament, das nun mal eben nicht dynamisch verschiebbar ist.
Und Mathematik lässt z.B. keine Interpretationen zu.
Wie es bei Deutsch/Literatur/Aufsätzen dann schon der Fall ist. Aber auch hier wird einfach angefangen, sagen wir mal mit Märchen oder der Biene Maja. Um dann schon daraus Schlüsse ziehen zu können.

Dynamisch und gestalterisch können die Schüler_innen dann in den selbst gewählten Bereichen tätig sein.

Der Idee der leistungsorientierten Feriencergabe habe ich ja bereits eine Absage erteilt.

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zuletzt bearbeitet 25.10.2018 13:51 | nach oben springen

#19

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 25.10.2018 21:12
von Gelöschtes Mitglied
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Zitat von Anthea im Beitrag #16
Es hat nicht nur den Anschein, es ist de facto eine "Sanktion". Und - warum auch nicht? Kinder müssen frühzeitig lernen, dass man an sie gestellten Forderungen auch mit Leistungen begegnen muss. Da ist Schonung der Art, dass Eltern meinen, ihrem Nachwuchs Dauerwelpenschutz gewähren zu müssen "Ach, wenn er/sie sich doch da schwer tut, keine Lust dazu hat, kein Talent...etc" nicht angebracht.


Ich will dem mal mit einem anderen Menschenbild begegnen.

Zuerst gehe ich mal davon aus, dass der Mensch als Wesen neugierig ist, und durchaus nach immer mehr Wissen strebt. Von nahezu jedem Kind ist bekannt, dass es eine Phase durchmacht, in der es permanent nach dem "Warum" frägt. Lange Zeit als Kleinkind lernen wir über nahezu alle Sinne - riechen, schmecken, tasten, fühlen, zuhören, ausprobieren....

All dies tun Kinder normalerweise ohne Zwang - allein aus intrinsischer Motivation.

Sanktionen sind es, die dem Kind deutlich machen, dass bestimmte Verhaltensmuster nicht erwünscht sind. Eine Sanktion in diesem Sinne ist es, wenn das Kind in seiner Neugierde, was im Küchenschrank ist, bestraft wird - eine Sanktion ist aber auch, wenn man das Kind alleine mit dem Fernseher lässt.

Bei ausreichender Förderung und Ermunterung finden so die meisten Kinder von ganz alleine den Weg dazu, lernen zu wollen - genau genommen können sie gar nicht anders, denn unser Gehirn ist letzten Endes genau so angelegt, dass es lernen will und kann.

Es ist die Gesellschaft, die Eltern, die Rahmenbedingungen, die diesen ganz normalen Lerntrieb der Kinder im Laufe der Zeit unterbinden. Bei den einen geschieht dies schon sehr früh, bei anderen mit Beginn der Schulzeit, und bei einer gar nicht so kleinen Menge gelingt es, diesen Lernwillen bis weit in das Erwachsenenalter mehr oder weniger stark ausgeprägt zu erhalten.

Dass dem so ist, kann man durchaus auch an Formen wie Internetspielen erkennen - sehr viele Kinder sind bereit, mit einer hohen Geduld und Ausdauer solche Spiele so lange zu spielen, bis sie es zu einer gewissen Exzellenz gebracht haben.

Wir wissen heute aus der Hirnforschung weitgehend, wie und warum Menschen lernen. Wir wissen auch, dass sie am besten lernen, wenn sie unter Einfluss positiver Stimmungen und Emotionen selbstbestimmt und eigenverantwortlich sich ein Lehrgebiet erschließen können. Wesentlich schlechter sind die Lernergebnisse, die unter Zwang und mit negativer Gesamtstimmung oftmals hart erarbeitet werden.

Ein schönes Beispiel dabei sind beispielsweise Gedichte, mit denen sich viele Kinder schwer beim auswendig lernen tun. Anders sieht es aus, wenn teilweise wesentlich kompliziertere Liedtexte, eventuell sogar noch in einer fremden Sprache, freiwillig gelernt werden, weil der Lieblingssänger diesen wunderbaren neuen Song kreiert hat.

Wir wissen, dass Kinder besonders gut lernen, wenn sie den SINN einsehen, den Stoff zu lernen. Bei einem Kleinkind beispielsweise funktioniert das erste Zahlenverständnis wunderbar einfach und intuitiv, wenn Papa es unter lautem Zählen von eins bis zehn unter kräftigem juchzen des Kindes immer wieder hochhebt. Nach wenigen Tagen hat das Kind gelernt, ebenfalls die Zahlen von eins bis zehn zu nutzen - und wenn das passend vernetzt mit anderen Zählerlebnissen wird, dann haben Kleinkinder im Alter von 4 Jahren durchaus schon ein gutes Grundverständnis von diesem natürlichen Zahlenraum.

Lernen mit leichter Führung, weitgehend ohne Druck - das geht also durchaus. Sanktionen sind somit nur bedingt hilfreich, und eigentlich schon ein Ausdruck dafür, dass wir noch immer nicht geeignete Lernformen für Kinder insgesamt gefunden haben, die sich auch auf größere Gruppen gut adaptieren lassen.

Kinder lernen höchst individuell - und sie lernen gerne gemeinsam, voneinander und miteinander. Sehr gut lässt sich das Erlernte vertiefen, wenn man es einem anderen beibringt - wir kennen das alle: Was ich anderen an Wissen weitergeben kann, das habe ich erst selbst verstanden. Und die Wiederholung die mit dieser Art der Stoffvermittlung automatisch einher geht, hilft, sowohl ein tieferes Verständnis für das Erlernte zu schaffen, als auch das Erlernte dauerhaft im Langzeitgedächtnis zu verankern.

Ob und wie diese eigentlich gut erforschten und gut bekannten Zusammenhänge aber in ein gesamtgesellschaftliches Schulsystem umgesetzt werden können - da habe ich den Stein der Weisen noch nicht gefunden.


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#20

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 26.10.2018 17:58
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Und weil Studien ja angeblich immer besonders überzeugende Argumente bündeln, hier noch mal eine zum Thema. Es geht zwar vordergründig um das Smartphone, "andere" elektrische Medien (heißt das nicht "elektronisch?) werden aber auch genannt.
Warum man dann später von den Medien zur Kinderarmut kommt, muss ich mir noch genauer anlesen- es ist Wochenende.

http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipzi...hte-Mathe-Noten


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#21

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 26.10.2018 18:23
von Anthea | 12.414 Beiträge

Zitat von moorhuhn im Beitrag #20
Und weil Studien ja angeblich immer besonders überzeugende Argumente bündeln, hier noch mal eine zum Thema. Es geht zwar vordergründig um das Smartphone, "andere" elektrische Medien (heißt das nicht "elektronisch?) werden aber auch genannt.
Warum man dann später von den Medien zur Kinderarmut kommt, muss ich mir noch genauer anlesen- es ist Wochenende.

http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipzi...hte-Mathe-Noten



Ich habe das auch gerade nur kurz überflogen und daraus meine entnehmen zu können, dass alles ineinander greift. Wenn also zum Handykonsum das Kind noch aus einer armen Familie stammt, dann sind spätere Depressionen wohl möglicherweise vorprogrammiert? Ohne Handy wär das nicht passiert, oder so?
Ist ein bisschen zu viel Durcheinander und alles oberflächlich angekratzt.

Frage in Bezug auf die Headline des Artikels: Zu meiner Schulzeit gab es noch kein Handy. Weswegen hatte ich denn so schlechte Mathe-Noten Schätze mal, ich hatte mehr richtige Kontakte außerhalb, die mich mehr beschäftigten. Zum Beispiel damals ein "Klaus" vom Nachbargymnasium. Lach*

Ich hörte vor ein paar Tagen in einer Sendung Erstaunliches, was eine Mutter von sich gab, deren Sohn eine Klasse würde wiederholen müssen. Sie meinte, dass es wohl so sei, dass ihn momentan andere Dinge beschäftigten, die ihm wichtiger seien. Und das müsse er ja selbst wissen, wenn er diese Dinge (was auch immer) brauchen würde..
Ich war etwas perplex. Das war nach dem biblischen Motto: Bin ich der Hüter meines Sohnes? .
Die Frau war im Übrigen nicht aus einem prekären Milieu, sondern stand mit beiden Beinen "ihre Frau". .

---


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#22

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 26.10.2018 18:44
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Jo, Anthea- das wäre dann mal wieder "Verkürzung". Aber der Name der Studie wird ja genannt, kann man vielleicht noch mal tiefer graben, wenn gewollt.

Was die gestandene Frau und ihren Sohn angeht, sie hat es ganz pragmatisch auf den Punkt gebracht- er hat halt momentan andere Baustellen.
Ich würde ihre Einstellung jetzt mal zwischen antiautoritärer Erziehung, Ignoranz und Überforderung aufgrund eigener Baustellen verorten, wer weiß.


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#23

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 27.10.2018 00:17
von Gelöschtes Mitglied
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Wobei die Frage erlaubt ist: Warum hat dieses Kind derzeit andere Baustellen? Und warum hat dieser Sohn die sich dadurch eröffnenden Wissenslücken in Mathematik nicht früher geschlossen - oder warum schließt er sie nicht später?

Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie wenig Eltern sich eine Mitschuld für das Verhalten ihrer Kinder geben. Immer sind es die Anderen - die Lehrer, die Freunde, der schlechte Einfluss der Gesellschaft......aber nie die Eltern selbst.

Aus Sicht eines Lehrers sieht das schon mal ganz anders aus. Bei einem Elternabend beispielsweise kann man häufig ohne Kenntnis der Zugehörigkeit von Kind zu Eltern allein schon am Verhalten der Eltern erkennen, welches Kind von welchen Eltern aufgezogen wird.

Zufall?

Wohl eher nicht!

Nur - die Eltern sind ja an nichts Schuld.....Schuld sind immer die Lehrer, die Gesellschaft, die schlechten Freunde, die anderen.......


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#24

RE: Kindern Freiräume lassen

in Schule und Bildung 31.10.2018 10:39
von Findus (gelöscht)
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Das ist eine ebenfalls recht eingeschränkte Sichtweise. Unterstellt sie doch, dass der Lehrer nicht für seinen Unterricht verantwortlich wäre. Die Wahrheit wird wie oft in der Mitte liegen. Wo Eltern und Lehrer eigentlich Hand in Hand das beste erreichen sollten, herrscht oftmals gegenseitiges Misstrauen.
Lehrer müssten bereit sein, sich mit Sorgen und auch Kritik der Eltern ernsthaft auseinander zu setzen und Eltern als Experten für ihre Kinder anzuerkennen. Eltern müssten bereit sein, dem Lehrer ein wenig zu vertrauen und bei Dingen, die sie nicht verstehen am besten direkt zu fragen. Dann wäre man wieder auf Augenhöhe.



zuletzt bearbeitet 31.10.2018 10:41 | nach oben springen


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