#1

Denn die Freude, die wir geben...

in Allgemeine philosophische Betrachtungen 09.09.2018 23:14
von Anthea | 12.411 Beiträge

kehrt ins eigne Herz zurück. Schönes Sprichwort. Stand früher in meinem Poesiealbum.

Was ihr dem geringsten meiner Brüder gebt, das habt ihr mir gegeben... So soll Jesus gesagt haben.

Es soll nach christlicher Denkungsart „seliger denn Nehmen“ sein (siehe Apostelgeschichte 20,35). Jedoch hat unsere Ellbogengesellschaft dies nicht verinnerlicht. Im Gegenteil: Die Menschen lauern, wo es was zu holen gibt und greifen zu. Und dies kann zu einer regelrechten Sucht werden: Die Schnäppchenjäger. Jedoch je mehr die Menschen sammeln, anhäufen, scheffeln, wie ein „Dagobert Duck“ in ihren Schätzen und vermeintlichen Erfolgen baden, so ärmer werden sie – seelisch betrachtet.

Es ist noch nicht einmal das Problem der Weggabe von Materiellem, sondern eines des Mankos beim Verteilen von „passiven Gaben“. Und damit sind dann Werte gemeint wie zum Beispiel auf Menschen zuzugehen mit der Selbstverständlichkeit, die aus einem wachen Blick und Herzen resultiert. Der erkennen lässt, wann Menschen Zuwendung brauchen. Viele scheuen sich, um Hilfe zu ersuchen, weil sie der Meinung sind, dass es Selbstlosigkeit nicht gibt. Und sie durch eine Annahme in eine Art „Zugzwang“ geraten, weil es ja auch heißt: Gibst du mir, so geb ich dir…. Oder auch „eine Hand wäscht die andere“. So verkommt „Geben“ zu einer Art „Geschäft“.

Eine in Kanada gefertigte Studie belegte tatsächlich den Zusammenhang von größerem Glücksempfinden durch Geben als durch Empfangen. Hierbei bezog sich dies auf Geld, was ja angeblich glücklich machen würde. Das Fazit aus dieser Studie gipfelte in der Erkenntnis/Behauptung, dass, so das (Weg)Geben Teil des eigenen Lebensstils werden würde, eine nachhaltigere Zufriedenheit erreicht würde als durch das Behalten.

<<Die Kunst des schönen Gebens wird in unserer Zeit immer seltener, in demselben Maße, wie die Kunst des plumpen Nehmens, des rohen Zugreifens täglich allgemeiner gedeiht. << Heinrich Heine

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Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt. (Khalil Gibran)
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#2

RE: Denn die Freude, die wir geben...

in Allgemeine philosophische Betrachtungen 10.09.2018 00:13
von Gelöschtes Mitglied
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Theoretisch klingt das alles immer wunderbar - und befriedigt auch ein wenig die Romantik.

In der Praxis ist das alles aber ziemlich komplex.
Einerseits ist der Mensch Individuum und ziemlich egoistisch unterwegs. Andererseits hat der Mensch aber auch altruistische Züge - besonders stark gegenüber den eigenen Kindern, dem Partner, dann der Verwandschaft, denen die man als Freunde bezeichnet, denen die im eigenen Dunstkreis erlebbar sind, und denen, die irgendwie zu einem zu gehören scheinen, beispielsweise weil man im selben Land oder Kontinent lebt.......

Dann ist der Mensch ein Möglichkeitsriese - aber ein Verwirklichungszwerg. Beständig versuchen wir, unsere Handlungsoptionen zu erweitern und zu vermehren - so dass wir mehr Möglichkeiten des Handelns haben. Wenn es darum geht, was wir tatsächlich tun, sind wir aber Zwerge, und verzeihen uns selbst, dass wir so wenig von unseren Möglichkeiten gebrauch machen......

Was Abgeben macht glücklich - ganz besonders, wenn man nicht wirklich verzichten musste.......aber der andere Glücklich ist........

Damit man richtig befreit abgeben kann, braucht es so ein wenig Privatvermögen.......ein Einkommen von ca. 70.000€ je Jahr scheint hier eine Grenze zu sein, oberhalb derer das Abgeben leichter fällt, weil es nicht mehr wirklich glücklicher macht, mehr zu haben......

Nur - viele haben nicht so viel......

An dem dualistischen Wesen des Menschen kommt man einfach nicht vorbei! Richtig glücklich werden wir Menschen erst dann, wenn wir aus der Freiheit vieler Möglichkeiten noch großzügig dritten was abgeben können.........

Ist das GUT?

Eher nicht - es ist allenfalls menschlich.


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#3

RE: Denn die Freude, die wir geben...

in Allgemeine philosophische Betrachtungen 11.09.2018 00:13
von Anthea | 12.411 Beiträge

Ich finde es immer sehr schön, wenn ich Sprüche lese - wie frisch aus einem Lebensberatungwerk "Wie werde ich glücklich". Und alles scheint so einfach. Ja, sage ich mir, so könnte es gehen...
Ich mache die Freude am Geben gar nicht an irgendwelchen Beträgen fest. Tatsächlich macht es mir mehr Freude und mich glücklicher, wenn ich sehe, dass ich mit einem Geschenk, wo ich mir viele Gedanken drüber gemacht habe, was dem/der anderen gefallen könnte, richtig gelegen habe. Und echte Freude sehe. Das gibt mir mehr als selbst etwas zu erhalten - was natürlich auch schön ist.

Im Grunde genommen sind es doch oftmals die kleinen Freuden, die wir verschenken können. Und wovon wir so wenig Gebrauch machen. Ein Lächeln, eine Nachfrage...

Vielleicht der Kern des Ganzen wie Jean de La Bruyère schrieb:

Die wahre Freigebigkeit besteht weniger darin, viel zu geben, als zur rechten Zeit zu geben.

Denn das bedingt wahres Interesse und Achtsamkeit.

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Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt. (Khalil Gibran)
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