Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 27.08.2019 11:57von Meridian • | 2.858 Beiträge
Ich habe folgenden Artikel gelesen.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/w...ssion-1.4576139
Meine Gedanken dazu:
Die ganzen im Artikel angegeben Gründe für die drohende Rezession sind bestimmt nicht falsch. Immer mehr Länder drehen ihr eigenes Ding, drohende Zölle von den USA, gegenseitiger Handelskrieg, Ende eines sehr langen Wirtschaftsaufschwunges. Und da komme ich wenn auch indirekt zu letzterem. Ein Wirtschaftsaufschwung ist mit viel Arbeit, aber auch mit viel Hektik verbunden. Kann es sein, dass die Menschen im tiefsten Inneren es einfach satt sind und eine Ruhepause einlegen möchten? Nur so lässt sich erklären, dass eine Rezession mit langer Ankündigung kommt und man so gut wie keine Gegenmaßnahmen einleitet.
Die Rezession von 2009 war dagegen eine sehr plötzlich und abrupt auftretende Bankenkrise, bei der man keineswegs ruhig reagieren konnte, sondern schnellstens eine Bankenrettung einleiten musste, um vor einem noch schlimmeren Einbruch der Konjunktur vorzubeugen.
Diesmal herrscht aber eher Lethargie oder Fatalismus, als ob man die Rezession sogar regelrecht willkommen heißt.
Da ergeben sich natürlich weitere Fragen: Wie weit kann eine Wirtschaft steigen? Die Erde nimmt nicht zu. Wenn man die Brände im Hinterkopf hat und andere Katastrophen, dann nimmt das bewirtschaftbare Land auf unserem Planeten sogar ab, und das bei weiter zunehmender Bevölkerung.
Wirtschaftsaufschwünge sind leider auch mit einer erhöhten Umweltbelastung verbunden. Wie werden sehen, wie bei einer tatsächlichen Rezession z.B. die CO2-Bilanz nach unten gehen wird, v.a. in den Industrieländern. In DE dürfte diese schon diesjahr deutlich nach unten gehen, was aber mit einem speziellen Effekt bei den fossilen Energien zu tun hat: Infolge höherer Preise bei den CO2-Zertifikaten wird derzeit Erdgas der Steinkohle vorgezogen, und auch Braunkohle wird spürbar weniger verbrannt*.
Wie auch immer: Bei einer Rezession ergeben sich stets die Chancen, durch Reformen die Wirtschaft anders auszurichten. Vielleicht sollte man sich auch auf eine Wirtschaft orientieren, die nicht nur auf Wachstum ausgerichtet ist. D.h. nicht. dass sie einfach erstarren soll. Es werden immer wieder Wirtschaftszweige aufsteigen, und andere werden untergehen. Mit diesem Hintergrund kann man auf eine nicht steigende Wirtschaft setzen, die dennoch dynamisch ist.
*Andererseits können gerade bei einer starken Rezession mit einem damit verbundenen deutlich geringeren Energieverbrauch die CO2-Preise sinken und damit paradoxerweise die Braun- und Steinkohle wieder Aufschwung bekommen. Dennoch dürfte die CO2- und sonstige Schadstoffbilanz weiter sinken, da bei einer Rezession nicht nur Stromverbrauch, sondern auch Emissionen bei industriellen Prozessen sowie infolge geringeren Güterverkehrs sinken werden.
Die äußere Welt ist der Spiegel deines Inneren.
RE: Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 28.08.2019 12:00von kuschelgorilla • | 3.292 Beiträge
Zitat von Meridian im Beitrag #1
...
Die ganzen im Artikel angegeben Gründe für die drohende Rezession sind bestimmt nicht falsch. Immer mehr Länder drehen ihr eigenes Ding, drohende Zölle von den USA, gegenseitiger Handelskrieg, Ende eines sehr langen Wirtschaftsaufschwunges. Und da komme ich wenn auch indirekt zu letzterem. Ein Wirtschaftsaufschwung ist mit viel Arbeit, aber auch mit viel Hektik verbunden. Kann es sein, dass die Menschen im tiefsten Inneren es einfach satt sind und eine Ruhepause einlegen möchten? Nur so lässt sich erklären, dass eine Rezession mit langer Ankündigung kommt und man so gut wie keine Gegenmaßnahmen einleitet.
...
Lieber Meridian, danke für deinen Beitrag. Ich möchte an dieser Stelle nur auf einen kleinen Ausschnitt eingehen... gerade, weil er mich und meine Gefühlswelt direkt betrifft.
Ja - ein Wirtschaftsaufschwung ist wahrlich viel Arbeit. Das haben wir als Arbeitnehmer Tag für Tag schon in den letzten Jahren zu spüren bekommen, in all den Tagen, in denen es "nur" darum ging, die Dividendewünsche der Aktionäre durch entsprechendes Wachstum zu befriedigen. Diese Leistungen wurden nicht von Mangern erbracht, sondern von der arbeitendenen Bevölkerung an der Basis. Diese spürt diese Last ganz massiv auf den eigenen Schultern. Das Nachsteuern auf die Belastungen durch Zuwächse erfolgte sehr häufig einfach auch viel zu spät. Viele der Produktivkräfte sind deshalb einfach fertig mit der Welt. So auch ich. Meine vielen Krankzeiten seit einem Jahr kommen nicht von ungefähr. Irgendwann ist der Hahn einfach dicht. Ausbeutnung hat auch Grenzen im Wachstum - nicht nur bei den Bodenschätzen oder der Umweltschäden.
Aus meiner Sicht rutschen wir zwar hinsichtlich der Erwartenshaltung der Wirtschaft in eine Rezession, für die Menschen beginnt jetzt aber ggf. eine Phase der Konsolidierung die dringend Not tut. Die Diskussionen um BGE, Mindestrente,... sind nur das Vorgeplänkel dazu gewesen... Die Gespräche werden auf dieser Schiene weiterlaufen müssen. Aber man wird auch Diskussionen über die künftigen Wege in der Wirtschaft - über richtige und falsche Wege - schnellstens beginnen müssen. Es brennt förmlich im Wirtschaftshaus. Unsere Wirtschaft wäre sicherlich auch bereit für viele mögliche Entwicklungen. Die Politik wird sich nur erbarmen und der Wirtschaft die Rahmenbedingungen stecken müssen.
Meine Motivation ging heute morgen winkend und lächelnd an mir vorbei
RE: Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 29.08.2019 09:29von Meridian • | 2.858 Beiträge
Lieber Kuschelgorilla,
Wenn ich deinen 2. Abschnitt lese, dann sehe ich, dass wir (die Menschen) eigentlich dringend eine Rezession brauchen - oder positiver ausgedrückt - eine Ruhepause. Wenn man nur noch arbeitet, um die Gewinne des Unternehmens noch mehr zu steigern, dann hat man gar keine Zeit mehr zum Nachdenken. Eine Rezession gibt aber Zeit zum Nachdenken, v.a. wenn sie in aller Ruhe kommt (und nicht wie 2009 plötzlich hereinbricht). Zeit zum Nachdenken hat man immer dann, wenn man zum Nichtstun gezwungen wird. Es heißt ja nicht umsonst: "Sperrt ihn für 2 Jahre ins Gefängnis. Dann hat er Zeit zum Nachdenken."
Zeit haben: Das haben derzeit nur wenige Leute. Früher, vor der Industrialisierung, hatten die Leute oft mehr Zeit trotz geringerer Lebenserwartung und obwohl die Arbeit mindestens genauso hart war. Im Mittelalter wurde viel gefeiert, und der "Blaue Montag" wurde in dieser Zeit erfunden. Da kamen die Leute oft zu spät zur Arbeit wegen Restalkohol von sonntäglichen Besäufnissen. Je mehr die Geschichtswissenschaftler über das Mittelalter herausfinden, desto weniger finster erscheint es. Ja, das deutsche Mittelalter war sogar eine relativ gute Zeit. Man darf nur nicht den Fehler machen, unsere heutige rationale Denkweise auf diese Zeit zu übertragen; die Leute waren von sich aus gläubiger.
Die äußere Welt ist der Spiegel deines Inneren.
RE: Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 29.08.2019 15:32von kuschelgorilla • | 3.292 Beiträge
Jep, ich bin derzeit zum Nichtstun gezwungen, lieber Meridian. Ich nutze meine freie Zeit gerne zum Nachdenken. Das Nachdenken kann ich ohnehin nicht verhindern... Im Moment ist es aber zielgerichteter...
Ist dir eigentlich schon mal der Verdacht gekommen, dass unser Arbeitsleben so auf Überlastung getrimmt ist, um uns vom Nachdenken abzuhalten... also auf ein klassisches métro - boulot - dodo zugeschnitten ist?
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RE: Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 29.08.2019 17:46von moorhuhn • | 1.486 Beiträge
Zitat von kuschelgorilla im Beitrag #4
Ist dir eigentlich schon mal der Verdacht gekommen, dass unser Arbeitsleben so auf Überlastung getrimmt ist, um uns vom Nachdenken abzuhalten... also auf ein klassisches métro - boulot - dodo zugeschnitten ist?
Paradox ist ja dann, dass im Gegenzug überlastete Psychologen und Arbeitsmediziner die Überlastung therapieren, grübel
Der frühe Vogel kann mich mal !
RE: Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 29.08.2019 23:14von Meridian • | 2.858 Beiträge
Natürlich ist es so. Und was heißt das? in "unseren" westlichen Demokratien herrscht so gesehen auch Unterdrückung, aber halt eben mit feineren Mitteln als in echten Diktaturen. Das eigenständige Denken wird unterdrückt durch viel Arbeitsstress, aber auch durch das Einlullen der elektronischen Medien, die uns das Denken immer mehr abnehmen. (Ja, ich habe auch ein Smartphone und schreibe gerade von einem Laptop. Aber ich spiele zumindest mit dem Smartphone nicht herum und schaue mir dort kaum Videos an, und siehe da, der Akku hält oft mehrere Tage.)
Die äußere Welt ist der Spiegel deines Inneren.
RE: Drohende Rezession mit Ansage - und keinen kümmert's
in International 30.08.2019 14:27von kuschelgorilla • | 3.292 Beiträge
Zitat von moorhuhn im Beitrag #5Zitat von kuschelgorilla im Beitrag #4
Ist dir eigentlich schon mal der Verdacht gekommen, dass unser Arbeitsleben so auf Überlastung getrimmt ist, um uns vom Nachdenken abzuhalten... also auf ein klassisches métro - boulot - dodo zugeschnitten ist?
Paradox ist ja dann, dass im Gegenzug überlastete Psychologen und Arbeitsmediziner die Überlastung therapieren, grübel
hihihi - Der Verdacht liegt nahe. Aber in unserer Angstgesellschaft fürchten sich doch viele vor dem gesellschaftlichen Aus durch Jobverlust. Die Brötchengeber machen da nur noch zusätzlichen Druck, so dass die Leutz oftmals gar nicht zum Arzt gehen... Aber in der Tat werden Psychologen aus beruflichen Gründen im mehr frequentiert. Eine Freundin von mir hat vor zig Jahren schon mal gesagt, dass die arbeitende Bevölkerung normaler Weise alle 10 spätestens alle 15 Jahre ein halbes Jahr Auszeit aus dem Berufsleben bräuchte... Damals habe ich darüber gelacht, inzwischen unterschreibe ich diese Aussage.
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Wachstum in einer Kreislaufwirtschaft?
in International 01.09.2019 13:16von Findus • | 2.516 Beiträge
Zitat von Meridian im Beitrag #1
Da ergeben sich natürlich weitere Fragen: Wie weit kann eine Wirtschaft steigen? Die Erde nimmt nicht zu. Wenn man die Brände im Hinterkopf hat und andere Katastrophen, dann nimmt das bewirtschaftbare Land auf unserem Planeten sogar ab, und das bei weiter zunehmender Bevölkerung.
Ein Problem und Grenze von Wachstum sind endliche Ressourcen aber auch Überproduktion. Trotzdem stelle ich mir die Frage, ob eine ökologisch ausgerichtete Kreislaufwirtschaft nicht ihrerseits Wachstum generieren kann - durch neuartige Verwendung von Ressourcen in einem Kreislaufprozess, Wiedergewinnung von Rohstoffen und einem mehr an Dienstleistungen.
Wie seht ihr die Sache?
RE: Wachstum in einer Kreislaufwirtschaft?
in International 03.09.2019 22:50von kuschelgorilla • | 3.292 Beiträge
Zitat von Findus im Beitrag #8
...
Ein Problem und Grenze von Wachstum sind endliche Ressourcen aber auch Überproduktion. Trotzdem stelle ich mir die Frage, ob eine ökologisch ausgerichtete Kreislaufwirtschaft nicht ihrerseits Wachstum generieren kann - durch neuartige Verwendung von Ressourcen in einem Kreislaufprozess, Wiedergewinnung von Rohstoffen und einem mehr an Dienstleistungen.
Wie seht ihr die Sache?
Ich denke, dass dies in der Theorie auf alle Fälle möglich wäre. Beowolf hatte in der Vergangenheit nette Lektüre zum Thema angesprochen. Ich fürchte nur, dass es in der Praxis auf einen sozialen Kahlschlag hinauslaufen würde, denn wenn es nicht mehr die Produkte sind, die den wahren Erlös generieren, muss er schließlich anderweitig erarbeitet werden.
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RE: Wachstum in einer Kreislaufwirtschaft?
in International 04.09.2019 19:45von Findus • | 2.516 Beiträge
Zitat von kuschelgorilla im Beitrag #10
Ich denke, dass dies in der Theorie auf alle Fälle möglich wäre. Beowolf hatte in der Vergangenheit nette Lektüre zum Thema angesprochen. Ich fürchte nur, dass es in der Praxis auf einen sozialen Kahlschlag hinauslaufen würde, denn wenn es nicht mehr die Produkte sind, die den wahren Erlös generieren, muss er schließlich anderweitig erarbeitet werden.
Nachfrage: Was meinst du genau mit den "wahren Erlös"?
RE: Wachstum in einer Kreislaufwirtschaft?
in International 07.09.2019 21:57von kuschelgorilla • | 3.292 Beiträge
Zitat von Findus im Beitrag #11Zitat von kuschelgorilla im Beitrag #10
Ich denke, dass dies in der Theorie auf alle Fälle möglich wäre. Beowolf hatte in der Vergangenheit nette Lektüre zum Thema angesprochen. Ich fürchte nur, dass es in der Praxis auf einen sozialen Kahlschlag hinauslaufen würde, denn wenn es nicht mehr die Produkte sind, die den wahren Erlös generieren, muss er schließlich anderweitig erarbeitet werden.
Nachfrage: Was meinst du genau mit den "wahren Erlös"?
Aktuell gibt es die Gewinne aus dem Verkauf der Produkte. Diese werden über die gesamte Produktionskette erwirtschaftet. Wenn dies nur noch in wesentlich geringerem Maße so erfolgt, müssen die Gewinne anderweitig generiert werden. Das wird dann künftig wohl sehr viel mehr auf den Schultern der Arbeitnehmer stattfinden. Weniger Arbeit oder mehr in den Billiglohnsektor verlegt, extrem forcierte Mechanisierung/Technisierung... Weniger Gehälter für die Menschen...
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