#1

Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 12:52
von Anthea | 12.400 Beiträge

Denn was auch immer auf Erden besteht,
besteht durch Ehre und Treue.
Wer heute die alte Pflicht verrät,
verrät auch morgen die neue. Adalbert Stifter

Speziell geht es hier um die Frage, was ist Heldentum und was ist Verrat?
Hintergrund ist der augenblickliche Hype um die Äußerung eines AfD-Bubis, den man jetzt wegen "Verunglimpflichung" des "Helden" Stauffenberg aus der Partei ausschließen will.

Er hat auf Facebook (unsichtbar) gepostet. Der Text soll der der WELT vorliegen. Darin nennt Lars Steinke von der AfD Stauffenberg einen "Verräter und Feigling".

Nun konnte ich noch nie den Kult nachempfinden und gut heißen, der um Stauffenberg, den verhinderten Hitler-Mörder, gemacht wurde. Der Graf von Stauffenberg war anfangs mit Leib und Seele und Begeisterung dabei, als Siege eingefahren wurden. Als diese jedoch ausblieben, da besann er sich anders... Vom Saulus zum Paulus?
Fanatismus, Eigeninteresse, Enttäuschung? Zweifelsohne hätte er bei Gelingen seines Attentats noch viele Leben retten können. Der Zweck heiligt die Mittel?

De facto und juristisch betrachtet war er zweifelsohne ein "Verräter" an der Sache, der er Treue geschworen hatte.
Nehmen wir das Beispiel des Whistleblowers Edward Snowden. Die einen nennen ihn einen Helden, die anderen einen Verräter.

Ich sehe den Kult um Stauffenberg der Tatsache gewidmet, dass Deutschland einen "Vorzeige-Widerstandskämpfer" präsentieren wollte, der das schlechte Image des "Nazi Deutschlands" wieder etwas relativieren konnte.

---


Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt. (Khalil Gibran)
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#2

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:04
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #1
Denn was auch immer auf Erden besteht,
besteht durch Ehre und Treue.
Wer heute die alte Pflicht verrät,
verrät auch morgen die neue. Adalbert Stifter

Speziell geht es hier um die Frage, was ist Heldentum und was ist Verrat?
Hintergrund ist der augenblickliche Hype um die Äußerung eines AfD-Bubis, den man jetzt wegen "Verunglimpflichung" des "Helden" Stauffenberg aus der Partei ausschließen will.

Er hat auf Facebook (unsichtbar) gepostet. Der Text soll der der WELT vorliegen. Darin nennt Lars Steinke von der AfD Stauffenberg einen "Verräter und Feigling".

Nun konnte ich noch nie den Kult nachempfinden und gut heißen, der um Stauffenberg, den verhinderten Hitler-Mörder, gemacht wurde. Der Graf von Stauffenberg war anfangs mit Leib und Seele und Begeisterung dabei, als Siege eingefahren wurden. Als diese jedoch ausblieben, da besann er sich anders... Vom Saulus zum Paulus?
Fanatismus, Eigeninteresse, Enttäuschung? Zweifelsohne hätte er bei Gelingen seines Attentats noch viele Leben retten können. Der Zweck heiligt die Mittel?

De facto und juristisch betrachtet war er zweifelsohne ein "Verräter" an der Sache, der er Treue geschworen hatte.
Nehmen wir das Beispiel des Whistleblowers Edward Snowden. Die einen nennen ihn einen Helden, die anderen einen Verräter.

Ich sehe den Kult um Stauffenberg der Tatsache gewidmet, dass Deutschland einen "Vorzeige-Widerstandskämpfer" präsentieren wollte, der das schlechte Image des "Nazi Deutschlands" wieder etwas relativieren konnte.

---




Moin Anthea,

Du möchtest wissen, was Verrat ist.

Ich habe in meiner Existenz oft genug Verrat erlebt und ich möchte Dir aus meiner Sicht schreiben, was ich als Verrat empfinde.

Stell Dir einen guten Freund vor, dem Du bedingungslos vertraust. Mit bedingungslos meine ich wirklich "bedingungslos". Du schützt ihn mit all Deiner Kraft und Stärke aber bist im Rücken verwundbar, denn Du vertraust dem Menschen, der hinter Dir steht. Du kämpfst für ihn mit all Deiner Stärke. Du gibst alles für ihn, Dein eigenes Schicksal ist irrelvant.

Plötzlich stehst Du einer Übermacht gegenüber, aber Du gibst nicht auf. Du bist bereit, bis zum Schluss zu kämpfen "Sieg oder Tod". Und dann passiert der unfassbare Verrat: Du spürst einen Dolchstoss im Rücken und fällst. Der Freund, für den Du alles gegeben hast, schliesst sich den Feinden an und verleugnet Dich. Leider bist Du nicht tot, Du lebst noch und hast die Aufgabe, Dich wieder auf die Beine zu bringen. Aber ein Teil Deines Herzens wird sich nie erholen.

Das ist Verrat !

Aber das merkwürdige daran ist, dass zumindest ich niemals die Hoffnung aufgebe und es jederzeit wieder so tun würde.

Sonst wäre meine Existenz nicht lebenswert.


Und nun zum Heldentum. Ich bezeichne mich niemals als Helden. Das ist mir zu pathetisch. Aber wer mich als Freund hat, der hat gewonnen. Ich verteidige meinen Freund mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln. Leib, Vermögen und Ehre.

Gruß aus dem alten Land !


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


zuletzt bearbeitet 04.08.2018 14:08 | nach oben springen

#3

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:13
von Anthea | 12.400 Beiträge

Lieber SirPorthos, solche Dinge habe ich auch schon erlebt. Sehr unschön und bedrückend.

Aber ich hätte hier eigentlich gerne über Stauffenberg gesprochen. Wie siehst du diesen Mann?

---


Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt. (Khalil Gibran)
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#4

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:17
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Oberst von Stauffenberg war ein Held aber leider inkonsequent.

Er hätte Hitler vernichten können. Es wäre jedoch notwendig gewesen, dass er sich selber mit dem Schwein in die Luft sprengt. Leider tat er das nicht und die Tasche mit der Bombe war zu weit weg.

Wie sinnlos...er wurde kurz nach dem misslungenen Attentat hingerichtet.

Er hätte im Besprechungsraum bleiben müssen. Sich selbst opfern und den GröFaZ mit in den Tod reissen. Als Offizier hätte ich es so getan und nicht anders.

Die Operation "Walküre" hätte auch ohne ihn erfolgreich ablaufen können. Die Kommandostruktur war definiert.

Daher war sein Tod sinnlos.

Und als Ex-Katholik sage ich Dir, dass Tyrannenmord keine Sünde ist !


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


zuletzt bearbeitet 04.08.2018 14:21 | nach oben springen

#5

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:23
von Athineos | 551 Beiträge

Zitat von SirPorthos im Beitrag #4
Oberst von Stauffenberg war ein Held aber leider inkonsequent.

Er hätte Hitler vernichten können. Es wäre jedoch notwendig gewesen, dass er sich selber mit dem Schwein in die Luft sprengt. Leider tat er das nicht und die Tasche mit der Bombe war zu weit weg.

Wie sinnlos...er wurde kurz nach dem misslungenen Attentat hingerichtet.

Er hätte im Besprechungsraum bleiben müssen. Sich selbst opfern und den GröFatz mit in den Tod reissen. Als Offizier hätte ich es so getan und nicht anders.

Die Operation "Walküre" hätte auch ohne ihn erfolgreich ablaufen können. Die Kommandostruktur war definiert.

Daher war sein Tod sinnlos





Es ist immer toll, wenn ich lese, wie von der Couch mit einem Saft in der Hand Situationen gemeistert werden, die aufgrund ihrer Komplexität, Emotionalität und Anspannung sich unserrm alltäglichen Handeln völlig entziehen! Bei einem griechischen Satiriker ( Arkas ) las ich neulich mal, wie einer sagte, es sei kein Wunder, dass das Land so schlercht regiert würde, weil alle, die etwas davon verstünden, in Facebook und Twitter unterwegs seien ..... Könnte auch hier angewendet werden. Mutatis mutandis .....


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#6

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:34
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von Athineos im Beitrag #5
Zitat von SirPorthos im Beitrag #4
Oberst von Stauffenberg war ein Held aber leider inkonsequent.

Er hätte Hitler vernichten können. Es wäre jedoch notwendig gewesen, dass er sich selber mit dem Schwein in die Luft sprengt. Leider tat er das nicht und die Tasche mit der Bombe war zu weit weg.

Wie sinnlos...er wurde kurz nach dem misslungenen Attentat hingerichtet.

Er hätte im Besprechungsraum bleiben müssen. Sich selbst opfern und den GröFatz mit in den Tod reissen. Als Offizier hätte ich es so getan und nicht anders.

Die Operation "Walküre" hätte auch ohne ihn erfolgreich ablaufen können. Die Kommandostruktur war definiert.

Daher war sein Tod sinnlos





Es ist immer toll, wenn ich lese, wie von der Couch mit einem Saft in der Hand Situationen gemeistert werden, die aufgrund ihrer Komplexität, Emotionalität und Anspannung sich unserrm alltäglichen Handeln völlig entziehen! Bei einem griechischen Satiriker ( Arkas ) las ich neulich mal, wie einer sagte, es sei kein Wunder, dass das Land so schlercht regiert würde, weil alle, die etwas davon verstünden, in Facebook und Twitter unterwegs seien ..... Könnte auch hier angewendet werden. Mutatis mutandis .....



Werter Athineos,

ich sitze hier nicht mit einem Glas Saft auf dem Sofa.

Ich denke gerade über mein Leben nach und wie ich mich verhalten hätte.

Sicherlich stimmst Du mir zu, dass unser Leben begrenzt ist.

Und die Tatsache, dass wer eher stirbt, länger tot ist, wirst Du auch verstehen.

Nur als Mathematiker muss ich Dir vermitteln, dass dieser Unterschied des "eher tot seins" gegen die Unendlichkeit asymptotisch gegen Null verschwindet.

Ergo ist es wichtig, was wir aus der Zeit machen, die uns hier auf dieser Erde zur Verfügung steht.

Auf dass unsere Leben - egal wie lange sie in irdischen Jahren währen - es wert sind, gelebt zu werden.

Und Twitter überlasse ich dem amerikanischen Trumpel.

Wie würden die alten griechischen Philosophen darüber denken ?

Viele habe ich im Orginal auf Altgriechisch gelesen. Aber leider nicht alle.

Gruß aus dem alten Land !


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


zuletzt bearbeitet 04.08.2018 14:43 | nach oben springen

#7

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:45
von Athineos | 551 Beiträge

Schön! Aberv was wolltest Du mir nun in Bezug auf Stauffenberg mitteilen? Das hab ich nicht begriffen!


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#8

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:46
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Dass Herr Oberst von Stauffenberg leider versagt hat ! Er hätte es besser machen können und so seinem Tod einen Sinn geben können.

Dann und nur dann wäre er ein Held !


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


zuletzt bearbeitet 04.08.2018 14:47 | nach oben springen

#9

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:48
von Athineos | 551 Beiträge

Da hätt ich doch noch eines meiner lieblingszitate:
" Wenn einst Gott Abraham verheißen hat, er werde Sodom nicht verderben, wenn auch nur zehn Gerechte darin seien, so hoffe ich, dass Gott Deutschland um unseretwillen nicht vernichten wird. Niemand von uns kann über seinen Tod Klage führen. Wer in unseren Kreis getreten ist, hat damit das Nessushemd angezogen. Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben."
Und gemeinerweise sag ich nicht, von wem und auch nicht die Quelle ......


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#10

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:50
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von Athineos im Beitrag #9
U(...)Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben."
(...)


Genau das ist es doch !

Meine letzten Gedanken wären gewesen: "Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist"


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


zuletzt bearbeitet 04.08.2018 14:51 | nach oben springen

#11

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:54
von Athineos | 551 Beiträge

Also muss ein echter Held tot sein????
Hmmm!
Das wusste sogwar ein Ausbilder meines Grundwehrdienstes anders .... und es schien mir, er war einer der wenig Intelligenzbegabten!
Er pflegte zu sagen: " Solltet ihr jemals in die Situation kommen, Männer zu führen - was bei euch Typen nicht zu erwarten ist -, dann denkt, daran, lieber ein lebender Feigling als ein toter Held! "


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#12

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:57
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von Athineos im Beitrag #11
Also muss ein echter Held tot sein????
Hmmm!
Das wusste sogwar ein Ausbilder meines Grundwehrdienstes anders .... und es schien mir, er war einer der wenig Intelligenzbegabten!
Er pflegte zu sagen: " Solltet ihr jemals in die Situation kommen, Männer zu führen - was bei euch Typen nicht zu erwarten ist -, dann denkt, daran, lieber ein lebender Feigling als ein toter Held! "


Das habe ich nicht behauptet.

Außerdem weiß ich nicht, was ein Held ist.

Und nein, ich bin lieber ein einfacher toter Mensch als ein lebender Feigling.

Sind damit die intellektuellen Fronten geklärt ?

Gruß aus dem alten Land !


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


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#13

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 14:58
von Athineos | 551 Beiträge

Zitat von SirPorthos im Beitrag #10
Zitat von Athineos im Beitrag #9
U(...)Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben."
(...)


Genau das ist es doch !

Meine letzten Gedanken wären gewesen: "Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist"

Offensichtlich hasben wir noch nicht oft dikutioert, sonst wüsstest Du, dass ich nur selten Waffen schmiede, an denen ich umkommen könnte!!!!!!!!!!!
Der Zitierende spricht von der Bereitschaft, nicht vom Muss! Und das ist schon mal ein Unterschied, und kein kleiner!
Nun muss ich mich bis später verabschieden, da ich gleich Asylanten Deutsch beibringe .....


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#14

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 15:03
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von Athineos im Beitrag #13
Zitat von SirPorthos im Beitrag #10
Zitat von Athineos im Beitrag #9
U(...)Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben."
(...)


Genau das ist es doch !

Meine letzten Gedanken wären gewesen: "Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist"

Offensichtlich hasben wir noch nicht oft dikutioert, sonst wüsstest Du, dass ich nur selten Waffen schmiede, an denen ich umkommen könnte!!!!!!!!!!!
Der Zitierende spricht von der Bereitschaft, nicht vom Muss! Und das ist schon mal ein Unterschied, und kein kleiner!
Nun muss ich mich bis später verabschieden, da ich gleich Asylanten Deutsch beibringe .....


Ich stand 12 Jahre meines Lebens als Offizier unter Waffen. Ich war in einem Auslandseinsatz und habe gebetet, dass ich eher falle, als einer meiner der mir anvertrauten Soldaten. Zum Glück ist niemand gefallen.


Die Freiheit führt das Volk ! Eugène Delacroix


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#15

RE: Heldenkult

in Deutsche Geschichte 04.08.2018 15:13
von gun0815 (gelöscht)
avatar

Was hat das Thema mit Staufenberg zu tun...oder was hat Staufenberg mit Heidenkult zu tun?

Staufenberg war inkonsequent. Er hat sein Leben über die Sache gestellt und nicht die Sache über sein Leben.

@Sir P.
Ich seh die Causa ähnlich wie du.

Aber verdammt noch mal, was zum Teufel oder besser.....bei Wodan, was hat das mit Heidenkult zu tun?

mfg


Wer in Grenzen denkt, denkt begrenzt!


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