#1

Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 08:19
von Anthea | 12.406 Beiträge

Oder: Der Zweck heiligt die Mittel?

Gestern Abend in der Sendung "Extra" auf RTL wurde ein 24-jähriger junger Mann mit seiner Freundin gezeigt, die Jagd auf Pädophile im Internet machten. Dabei gab er/sie sich als 13-jährig aus und erhielten von ihren entsprechenden Opfern resp. (Verdachts)Tätern in spe zuweilen recht eindeutige und erschreckende Geständnisse. Solcher Art, die die Justiz anregen müsste, sich intensiv mit demjenigen zu befassen.

Diese Gespräche sowie Videoaufnahmen im Chat veröffentlichten sie dann bei Facebook, zum Teil auch "live"-Übertragungen, wodurch dann der "Täter" an den öffentlichen Pranger gestellt wurde. Nach dem Motto: Hier ist ein Pädophiler!
Prävention?

Diese Art der Selbstjustiz soll verboten sein. Und wenn jemand einer vermeintlich 13jährige - die aber volljährig ist - eine Aufforderung zukommen lässt, ihm ein Nacktfoto zu schicken, dann ist das nicht strafbar. Weil es ja keine Minderjährige geben würde.

Diese Logik habe ich nicht verstanden. Also verhinderter Straftäter trotz eigenen "guten Willens"?
Wenn jemand, bevor er eine Tür zwecks Einbruch aufstemmen kann und vorher von der Polizei eingefangen wird, dann wird er ja auch angeklagt wegen "versuchten Einbruchs". D.h. schon der Versuch ist strafbar.

Die Sendung wird nachher in der Mediathek verfügbar sein.

Wobei eigentlich die Grundfrage ist, ob nicht alles zur Aufklärung und Prävention getan werden sollte: Gerade im Bereich des Kindesmissbrauchs.
Mithilfe der Bevölkerung und offene Augen und Ohren wird doch immer angefordert.
Geht eine solche Täterjagd, wie sie das Pärchen praktiziert, zu weit?


---


Träume, als lebtest du ewig - lebe, als stürbest du heute. James Dean


zuletzt bearbeitet 18.07.2017 08:19 | nach oben springen

#2

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 12:12
von merte | 446 Beiträge

Passt ja zum heute wieder hochkochenden Thema "Regensburger Domspatzen", oder?
Wie twitterte Einer zum Thema:

Zitat
Wenn die #Domspatzen eine islamische Vereinigung wären, hätten wir schon alle Moscheen geschlossen. Aber es sind ja Christen. Puh.


Ich bin verantwortlich für Das was ich schreibe, nicht für Das, was ihr darunter versteht(verstehen wollt!
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#3

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 15:26
von Anthea | 12.406 Beiträge

Zitat von merte im Beitrag #2

Passt ja zum heute wieder hochkochenden Thema "Regensburger Domspatzen", oder?
Wie twitterte Einer zum Thema:

Zitat
Wenn die #Domspatzen eine islamische Vereinigung wären, hätten wir schon alle Moscheen geschlossen. Aber es sind ja Christen. Puh.



Da wurde immer schon weggeschaut bei den "heiligen Männern". ;-(
Due "Verhältnismäßigkeit des Schweigens" wurde da allerdings zu lange überzogen. Was für ein Leid diese Dreckstypen über die jungen Menschen gebracht haben. Ich sah einmal das Interview mit einem Betroffenen. Sein Leben war zerstört.
Der Twitterer liegt total richtig.
Wie mir scheint, wird das auch in den einschlägigen Foren nicht zum Thema gemacht.


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Träume, als lebtest du ewig - lebe, als stürbest du heute. James Dean


zuletzt bearbeitet 18.07.2017 15:26 | nach oben springen

#4

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 18:22
von Till (gelöscht)
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Irgendwie klingt das alles wie ein alter Hut:

Irreführung als Programm

Interessant ist der letzte Absatz:
"Würde jetzt der bloße Versuch der Kontaktanbahnung selbst auch noch unter Strafe gestellt, wäre dies nicht nur eine noch stärkere und weitgehend sinnlose Vorverlagerung der Strafbarkeit - sondern hätte auch zur Folge, dass eine Sendung wie "Tatort Internet" künftig nicht mehr möglich wäre. Denn wenn schon der Versuch strafbar ist, könnte sich jeder, der die Täter dazu ermuntert oder ihnen auch nur Gelegenheit zur Tat verschafft, wegen Beihilfe strafbar machen. Also auch die Macher der Reihe, der Produzent, der Lockvogel, und letztlich sogar die Ministergattin - und darauf würde es Letztere wohl nicht ankommen lassen."



zuletzt bearbeitet 18.07.2017 18:24 | nach oben springen

#5

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 18:34
von Anthea | 12.406 Beiträge

Till, danke für den Link. Kannte ich nicht.
Das sieht ja dann alles ganz anders aus. Es war übrigens nicht RTL2 sondern RTL. Aber die tun sich ja nichts.


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#6

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 20:10
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Zitat von Anthea

Gestern Abend in der Sendung "Extra" auf RTL...



Die beiden hätten die Polizei informieren sollen.

Wenn der Täter an den Pranger gestellt wird, ist das ein erheblicher Angriff auf die Person des Täters. Der aber wird nicht daran gehindert, sich weitere Opfer zu suchen und genau dies gilt es zu verhindern. Deshalb hätten die beiden mit der Polizei zusammenarbeiten müssen.


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#7

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 18.07.2017 20:26
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Zitat von Till

"Würde jetzt der bloße Versuch der Kontaktanbahnung selbst auch noch unter Strafe gestellt, wäre dies nicht nur eine noch stärkere und weitgehend sinnlose Vorverlagerung der Strafbarkeit - sondern hätte auch zur Folge, dass eine Sendung wie "Tatort Internet" künftig nicht mehr möglich wäre. Denn wenn schon der Versuch strafbar ist, könnte sich jeder, der die Täter dazu ermuntert oder ihnen auch nur Gelegenheit zur Tat verschafft, wegen Beihilfe strafbar machen. Also auch die Macher der Reihe, der Produzent, der Lockvogel, und letztlich sogar die Ministergattin - und darauf würde es Letztere wohl nicht ankommen lassen."



Hmmmm, wie siieht eigentlich die Rechtslage für verdeckte Ermittlung aus? Wann darf diese eingesetzt werden?


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#8

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 19.07.2017 11:32
von Minou | 149 Beiträge

Zitat von denker_1 im Beitrag #7

Zitat von Till

"Würde jetzt der bloße Versuch der Kontaktanbahnung selbst auch noch unter Strafe gestellt, wäre dies nicht nur eine noch stärkere und weitgehend sinnlose Vorverlagerung der Strafbarkeit - sondern hätte auch zur Folge, dass eine Sendung wie "Tatort Internet" künftig nicht mehr möglich wäre. Denn wenn schon der Versuch strafbar ist, könnte sich jeder, der die Täter dazu ermuntert oder ihnen auch nur Gelegenheit zur Tat verschafft, wegen Beihilfe strafbar machen. Also auch die Macher der Reihe, der Produzent, der Lockvogel, und letztlich sogar die Ministergattin - und darauf würde es Letztere wohl nicht ankommen lassen."


Hmmmm, wie siieht eigentlich die Rechtslage für verdeckte Ermittlung aus? Wann darf diese eingesetzt werden?




Der Artikel ist mittlerweile 7 Jahre alt, und die Gesetzgebung hat bis heute nicht reagiert, denn der Versuch einer Kontaktaufnahme (Cyber Grooming) ist bis heute noch nicht strafbar, obwohl bereits seit dem Jahr 2011 (!) eine entsprechende EU-Richtlinie in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union "vorsieht" auch den Versuch der „Kontaktaufnahme zu Kindern für sexuelle Zwecke“ (auch im realen Raum) unter Strafe zu stellen (https://de.wikipedia.org/wiki/Cyber-Grooming).

Zu den verdeckten Ermittlungen genügt bereits ein Tatverdacht. Eine heikle Angelegenheit, denn "Alleine der Tatvorwurf für sich genommen - wohlgemerkt unabhängig davon, ob zutreffend erhoben oder nicht - hat eine stigmatisierende Wirkung" (aus dem untenstehenden Artikel von Anwalt.de), wie der Fall Edathy deutlich aufgezeigt hat.

Näheres zu Cyber Grooming, das unter Kindesmissbrauch fällt, lesen Sie hier:

https://www.anwalt.de/rechtstipps/cyberg...uch_050857.html


Beginne den Tag mit einem Lächeln, denn jeder Tag ist ein Geschenk.


zuletzt bearbeitet 19.07.2017 11:33 | nach oben springen

#9

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 19.07.2017 13:35
von Anthea | 12.406 Beiträge

Hallo Minou, du führst den Fall Edathy an. Da hat man ganze Arbeit geleistet. Denn tatsächlich hatte dieser sich nicht wirklich strafbar gemacht!
Aber die Sache kam ganz gelegen, denn Edathy war ein recht aufmerksamer Vorsitzender des NSU-Ausschusses....

Dass solche Typen, die sich wirklich an Kindern vergreifen, verachtenswert sind und strenger Bestrafung unterliegen müssen, versteht sich von selbst. Jedoch ist die Grauzone da recht hoch. Fantasien und Gelüste haben und diese ausleben, das sind schließlich zweierlei Paar Schuhe.
Ich erinnere mich, als Kommunionkind bei der üblichen Kaffee- und Kuchen-Feier auf dem Schoß des Pastors gelandet zu sein. Der trug wohl die gesamten Kirchenschlüssel mit sich rum....

Ich denke auch an "Lolita". Die Faszination eines reifen Mannes, der der Kindfrau erliegt. "American Beauty".

Schlimm finde ich, dass viele ihre Unbefangenheit verloren haben. Natürliche Nacktheit von Kleinkindern am Strand hat direkt etwas Verwerfliches, Aufforderndes. Und der freundliche Strandkorbnachbar ist direkt ein Pädophiler in spe, wenn der mal guckt...


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Träume, als lebtest du ewig - lebe, als stürbest du heute. James Dean


zuletzt bearbeitet 19.07.2017 13:36 | nach oben springen

#10

RE: Verhältnismäßigkeit der Mittel überzogen?

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 19.07.2017 16:44
von antenna (gelöscht)
avatar

Zitat von Anthea im Beitrag #9
Schlimm finde ich, dass viele ihre Unbefangenheit verloren haben. Natürliche Nacktheit von Kleinkindern am Strand hat direkt etwas Verwerfliches, Aufforderndes. Und der freundliche Strandkorbnachbar ist direkt ein Pädophiler in spe, wenn der mal guckt...



Die Unbefangenheit, die verlorenging, finde ich auch ganz schlimm. Vielleicht bin ich zu unbedarft, wenn ich daran nichts Schlimmes finden kann, wenn ein Mann einem Kind beim Voruebergehen seine Hand auf den Kopf legt, um einige freundliche Worte mit ihm zu wechseln. Habe ich in "suedlichen" Urlaubslaendern und Asien oft erlebt, wo es gang und gaebe ist.
Und auch mehrfach erlebt, wie eine etwa Zehnjaehrige aus Deutschland deswegen in ohrenbetauebendes Geschrei ausbrach.
So geschehen ebenfalls bei der Ausreise aus Tunesien, als ein freundlicher Grenzbeamte ein Maedchen, etwa diesen Alters am Kopf fasste, um es durchzuwinken. Das darauf folgende Gezeter dieses Maedchens war echt peinlich und der Beamte
hatte den Verdacht, dass das Kind unfreiwillig die Ausreise antreten sollte und die Folge war eine leicht verzoegerte Abreise. Der Mann hatte keinerlei Ahnung, dass er die Ursache des Spektakels war.

Eine gesunde Mischung aus Vorsicht und natuerlichem Vertrauen - oder wie immer man das nennen moechte - scheint mir das nicht zu sein.



zuletzt bearbeitet 19.07.2017 16:45 | nach oben springen



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