#1

Chinesische Recherche

in Literatur 07.06.2021 14:33
von Anthea | 12.405 Beiträge

"Der Wandschirm aus rotem Lack" von Robert van Gulik ist eines einer Reihe von Kriminalfällen des Richters Di, alten chinesischen Quellen entnommen.
Dieser Richter Di aus der Tang-Epoche Chinas (618-906) ist ein ganz besonderer Ermittler unter dem Stichwort "Sherlock Holmes".

Das Buch liest sich leicht und locker, wenn man sich erst einmal an die Namen gewöhnt hat.
Man gewinnt eine gute Vorstellung von den Protagonisten. Da kommen Assoziationen zu Bekannten unserer Zeit auf. So als seien sie Nachkommen der im Roman Handelnden.

Besonders beeindruckt, resp. ein dejà vu erzeugend hat mich die Beschreibung eines Schurken, namens KUN-schan, dessen äußere und innere Schäbigkeit in Bezug auf den Umgang mit seiner Umwelt ihm den wenig schmeichelnden Spitznamen "ekliges Rüsseltier" einbrachte.

Eine nette, ansprechende Lektüre. Erschienen 1990 im Diogenes Verlag ISBN-Nr. 3-257-21867-2.

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#2

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 07.06.2021 22:01
von Meridian | 2.860 Beiträge

Ich kenne diese Romane, und ich mag sie sehr. Sie sind in sich abgeschlossen, so dass man sie nicht unbedingt in der Reihenfolge lesen muss. "Der Wandschirm aus rotem Lack" ist Band 2.

Band 1 ist "Geisterspuk in Peng-lai", wo Richter Di erstmal als eigenständiger Richter Fälle zu lösen hat. Es gibt auch eine Person, die bei mir ein leichtes Déjà-vu auslöst. Der Richter tritt seinen ersten Posten an und hat bald komplizierte Fälle zu lösen. Thematisiert wird auch der Geisterglaube in China sowie damit übernatürliche Phänomene, die letztlich geklärt werden (aber wirklich alle?).


Die äußere Welt ist der Spiegel deines Inneren.
nach oben springen

#3

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 08.06.2021 09:08
von Anthea | 12.405 Beiträge

Das finde ich gut, dass hier mal jemand, in diesem Falle du, ein vorgestelltes Buch kennt. Somit gibt es die Möglichkeit, sich darüber auszutauschen und nicht nur quasi als Leseempfehlung für andere eine Inhaltsangabe zu geben.

Ich habe mir vorhin mal das Wetter der kommenden Tage angesehen. Ich habe zwar eine Reihe ungelesener Bücher hier noch rumstehen, aber die sind etwas "wuchtig" Da ist für meine Hollywoodschaukel im Garten der Richter Di und seine Fälle genau richtig.

Ich denke, ich werde mir mal den Band 1 bestellen, besonders auch in Bezug auf die Tatsache, dass ich "Geisterglauben" recht interessant finde. Nur nicht gerade, wenn man sie wie Goethes Zauberlehrling am Hals hat.

Übrigens bin ich mir bei der Person des "ekligen Rüsseltiers" nicht im klaren: Handelt es sich um den Vergleich zu einem Elefanten oder einem Schwein? Beides sind eigentlich liebe Tiere und haben es nicht verdient, zur Charakterisierung des Schurken dienen zu müssen. Aber so ist das ja immer, auch bei uns. Da gibt es im Buddhismus "die heilige Kuh", wobei man jedoch nicht gerade freundlich jemanden als "blöde Kuh" bezeichnet. Oder "dummer Ochse".
Übrigens bin ich lt. den chinesischen Sternzeichen eine "gutmütige Ziege". In unserem Sprachgebrauch bei der Titulierung einer Person als "blöde Ziege" ist das nicht gerade schmeichelhaft.

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


zuletzt bearbeitet 08.06.2021 09:17 | nach oben springen

#4

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 08.06.2021 09:23
von Anthea | 12.405 Beiträge

Ich habe jetzt den letzten Band der Reihe "Mord in Kanton" bestellt. "Geisterspuk in Peng Lai" ist momentan nicht lieferbar.
Bin mal gespannt.


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#5

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 08.06.2021 09:48
von Meridian | 2.860 Beiträge

@Anthea

Antiquarisch ist Geisterspuk in Peng-lai zu haben.

https://www.zvab.com/

Gib einfach "Geisterspuk in Peng-lai" ein, und du wirst fündig. ZVAB ist eine Plattform gebrauchter Bücher. Ich bin nur sehr selten enttäuscht worden bezüglich des Zustandes der bestellten Bücher; bei Amazon gab es eher Enttäuschungen. Oft ist es sehr günstig. Im hiesigen Fall wird eines angeboten mit Good/very good. Das ist in der Regel wie neu.


Die äußere Welt ist der Spiegel deines Inneren.
nach oben springen

#6

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 08.06.2021 10:19
von Anthea | 12.405 Beiträge

Ich habe das antiquarisch bei amazon versucht. Jetzt aber werde ich erst einmal das letztw Buch erhalten.
Andere laufen ja nicht weg.
Ich mache selbst jetzt gleich einmal "Recherche" anderer Art: Was gibt es für hübsche Schuhe und Kleider in der Stadt.

Zitat von Meridian im Beitrag #5
Geisterspuk in Peng-lai"


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


zuletzt bearbeitet 08.06.2021 10:19 | nach oben springen

#7

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 19.06.2021 18:37
von Anthea | 12.405 Beiträge

So, der Mord, besser die Morde in "Kanton" sind aufgeklärt.
Wieder gut gemacht vom findigen Richter Di und seinen Helfern. Aber wie im anderen von mir gelesenem Buch auch wieder sehr verschlungen. Da ist eigentlich keiner wirklich unschuldig. Besonders als Schurken und nicht gern gesehene Leute sind die in Kanton ansässigen Araber zu nennen. Ihr Ruf hat sich über die Jahrhunderte gehalten. Und ihre Religion, die als die wahre angesehen wird.
So sind bei einer Einladung ins Haus eines zwielichtigen reichen Arabers die chinesischen Gäste von der Unhöflichkeit deren Begrüßung recht überrascht, gilt die doch lediglich denen, die wahren Glaubens sind.


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#8

RE: Chinesische Recherche

in Literatur 20.06.2021 10:24
von Meridian | 2.860 Beiträge

Nun, in diesem Roman treffen arabisch-islamische Expansionslust auf chinesischen Hochmut. Dieselbe Figur (Tschiao Tai), die sich durch die Begrüßung des Arabers beleidigt fühlt, schaut auf chinesisch-abfällige Art auf andere Kulturen. Er vergleicht die 22 arabischen Buchstaben mit den 1000en von chinesischen Zeichen und wartet keine (mögliche) Erklärung ab, dass man mit 22 Buchstaben weit mehr Wörter generieren kann, als es chin. Zeichen gibt. Das rechtfertigt aber nicht das Verhalten der Araber.

Nebenbei ist Mord in Kanton der einzige Band, bei dem auch Europäer erwähnt werden. Glauben konnte man es nicht. Aber warum auch? Zur Zeit der Tang-Dynastie gab es keinen Kontakt mit den Europäern, die sich in dieser frühmittelalterlichen Zeit erst neu ordnen mussten. Zuvor, in der Han-Dynastie, gab es zwar kaum Kontakt mit den Römern, aber man wusste gegenseitig vom anderen Reich. Der Handel geschah über Indien. Und zwischen der Han- und Tang-Dynastie gab es Phasen mit Spaltungen und innerchinesischen Kriegen. Da war China so mit sich selber beschäftigt, dass Europa aus der Peripherie heraus fiel. China konnte übrigens froh sein, dass es während der unruhigen Zeit nicht von außen angegriffen wurde. Aber da zur Han-Dynastie die Große Mauer teilweise gebaut wurde, war China bereits gut gesichert.

Zu Tschiao Tai: Er vertritt die typische chinesische Haltung, wonach China die höchste aller Kulturen sei und Eroberungen anderer Gebiete zu rechtfertigen seien, um den Barbaren Kultur beizubringen. Man kann ein gewisses Verständnis aufbringen, denn China war über Jahrhunderte tatsächlich von wilden Stämmen oder anderen Völkern mit niedrigerer Kultur umgeben. Sowas fördert natürlich Hochmut und Überlegenheitsgefühl. Im ersten Band der Richter Di-Reihe (Geisterspuk in Peng-lai) hat er genau das gesagt im Zusammenhang mit Kriegen gegen Korea, was ein Hintergrundthema dieses Romanes ist.

Interessant ist auch das Wasservolk in Kanton, das wie eine Art Paria behandelt wurde. So schaffte man sich selber eine Gefahr, wenn dieses Wasservolk sich mit den Arabern zusammentut. Im Gegensatz zu den Arabern war das Wasservolk eine innerchinesische Minderheit, die - wie die meisten Minderheiten - schlecht behandelt wurden. Daran hat sich bei heute nichts geändert, siehe Tibet und Uiguren.


Die äußere Welt ist der Spiegel deines Inneren.
nach oben springen


Ähnliche Themen Antworten/Neu Letzter Beitrag⁄Zugriffe
Schwarzer Lobbyisten-Filz
Erstellt im Forum Deutschland von Anthea
0 09.08.2021 11:38goto
von Anthea • Zugriffe: 166
ZVAB
Erstellt im Forum Literatur von Meridian
2 10.06.2021 14:44goto
von Anthea • Zugriffe: 321
In Hangzhou
Erstellt im Forum Dies und das von Meridian
5 29.05.2020 19:14goto
von Meridian • Zugriffe: 201
STERN - Grandiose AFD- Recherche
Erstellt im Forum Medien von Anthea
1 21.12.2018 13:37goto
von denker_1 • Zugriffe: 336
Beringstraßentunnel
Erstellt im Forum International von grimmstone
12 12.05.2018 20:52goto
von woipe • Zugriffe: 381
Integration
Erstellt im Forum Deutschland von MaMi
19 05.11.2023 15:27goto
von Dr. Yes • Zugriffe: 609
Das Leid mit der Deutschen Leitkultur
Erstellt im Forum Deutschland von Till
199 29.01.2019 20:37goto
von Hamlets Gummibärchen • Zugriffe: 4847
BR - Recherchen
Erstellt im Forum Fake News von Anthea
2 23.08.2017 19:31goto
von Geraldo • Zugriffe: 236

Besucher
0 Mitglieder und 9 Gäste sind Online

Besucherzähler
Heute waren 87 Gäste , gestern 208 Gäste online

Forum Statistiken
Das Forum hat 2264 Themen und 50190 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online: