#1

ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 01.09.2017 13:55
von antenna (gelöscht)
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Darueber, wie verstoerend es ist, wie unterschiedlich der Westen Leid wahrnimmt, ist ein interessanter Artikel in der Sueddeutschen Zeitung zu lesen. Auch in den sozialen Medien, vor allem nach Anschlaegen, ist das ja auch immer ein Thema

Waehrend die Hochwasseropfer in Texas die Schlagzeilen der westlichen Medien fuellen, bekommen die Flutgeplagten in Asien nur Randnotizen. Offenbar reicht Leid nicht, um Interesse auszuloesen.

" In Texas/USA tobt Hurrikan Harvey. Und das südliche Asien versinkt in den Fluten des Monsuns. In Indien, Nepal und Bangladesch haben die Naturgewalten weit mehr als tausend Menschen in den Tod gerissen, in den USA haben bislang drei Dutzend Bewohner ihr Leben gelassen. Harvey läuft auf allen Kanälen, die Reportagen aus Houston überschlagen sich. Und die Flutopfer in Südasien?

Vertraute Lebenswelt - mehr emotionale Nähe?

Wenn mediale Aufmerksamkeit auch ein Gradmesser für Werte einer Gesellschaft ist, muss sich Europa einige Sorgen machen. Vielleicht sind die Europäer noch immer nicht frei von postkolonialer Überheblichkeit, vielleicht haben sie noch rassistische Vorstellungen, ohne sich das einzugestehen. Denn zynisch gesprochen ist es doch so: Es müssen erst Hunderte Bauern in Bangladesch ertrinken, bevor ihnen ähnliche Aufmerksamkeit zukommt wie einem einzigen Opfer in der westlichen Welt."

Warum ist das so? Haengt das Interesse, die Empathie von den Moeglichkeiten der Identifikation ab, setzt es emotinale Naehe voraus, um Menschen fuer das Schicksal anderer zu interessieren?
Houston spiegelt fuer die Europoaeer eine eher vertraute Lebenswlt wider, waehrend die Doerfer im Ganges Delta ihnen fremd sind?
Europaeer und Amerikaner mag mehr verbinden, doch rechtfertig das, andere Kulturen auszuschalten?

"Oder ist es vielleicht noch ganz anders? Man könnte zum Beispiel annehmen, dass alles, was die Supermacht Amerika bewegt, automatisch wichtig ist für den Rest der Welt. In der Politik mag dies sehr berechtigt erscheinen. Doch im Falle von Naturkatastrophen überzeugt das nicht. Sicherlich, es wird niemals gelingen, für alle Opfer dieser Welt Aufmerksamkeit aufzubringen. Aber ein wenig mehr Balance täte gut. Es wäre ein Zeichen, dass die reiche Welt des Westens die Menschenwürde für universell und unteilbar hält."

http://www.sueddeutsche.de/panorama/hoch...nimmt-1.3647569



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#2

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 01.09.2017 14:29
von heiner | 881 Beiträge

Atlantikbrücken-Medien haben null Interesse an der Welt, es sei denn durch die Brille des "Hegemon". Also wenn auf martialische Angriffsmanöver USA/Südkorea, der arme Norden mit einer kleinen Rakete ohne Sprengkopf antwortet, dann ist Gefahr im Verzug. Wenn die US-Militärbasis Kosovo vom Mutterland abgetrennt wird, per Beschluss, ist die Welt in Ordnung, wenn die Krimbürger sich neu orientieren wollen, per Volksbefragung, ist das Anlass zu Sanktionen.

Die Welt (die Westliche) ist korrupt und die US-Administration diktiert, wie sie zu ticken hat (die Welt).


Wer Tränen ernten will, muss Liebe säen.

Friedrich Schiller
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#3

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 01.09.2017 14:51
von Till (gelöscht)
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Ähnliches Beispiel ist die Vergewaltigung von Rimini, ein schlimmes Verbrechen, das vier nordafrikanischen Männern angelastet wird und nach denen fieberhaft gefahndet wird. Weltweit wird darüber berichtet, und rechtsbraune Kreise stellen sofort einen Zusammenhang her mit Islam und Flüchtlingen.

Ich kann mich nicht erinnern, dass dieser Fall ein ähnliches Echo hervorgerufen hat: "Mädchen wird jahrelang vergewaltigt – eine ganze Stadt schaut weg"


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#4

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 01.09.2017 16:54
von Minou | 149 Beiträge

Zitat von antenna im Beitrag #1
Darueber, wie verstoerend es ist, wie unterschiedlich der Westen Leid wahrnimmt, ist ein interessanter Artikel in der Sueddeutschen Zeitung zu lesen.


Ist das denn wirklich nur im Westen so? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es außerhalb Europas interessiert, wenn es in Italien durch ein Erdbeben einige hundert Tote gegeben hat. Im Vergleich zu anderen Katastrophen ist die Anzahl ja auch vergleichsweise gering.

Je weiter weg, desto weniger berührt das Leid der anderen, das ist überall zu bemerken. Doch schon ein geringer Anlass genügt, einem das Geschehen näherzubringen: Die Berichterstattung im Fernsehen, ein Ort, an dem man gewesen ist, die Erzählung von jemandem, der das Land kennt, sogar ein Buch, das man über die Gegend gelesen hat.

Über von Naturgewalten hervorgerufene Katastrophen, die eine große Zahl von Opfern fordern, liest man in immer kürzer werdenden Abständen, weil mittlerweile weltweit berichtet wird, und wenn Einzelschicksale geschildert werden, erschüttert so etwas mehr als noch so große Zahlen.

Allein an der Spendenbereitschaft in Katastrophenfällen ist zu merken, dass Not die Menschen nicht kalt lässt. Überall auf der Welt finden Sie freiwilliges privates Engagement sowie Geldspenden, und das ebenso in armen wie in reichen Ländern.


.


Beginne den Tag mit einem Lächeln, denn jeder Tag ist ein Geschenk.


zuletzt bearbeitet 01.09.2017 16:56 | nach oben springen

#5

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 01.09.2017 17:03
von Luftdrache (gelöscht)
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Zitat von Minou im Beitrag #4

Allein an der Spendenbereitschaft in Katastrophenfällen ist zu merken, dass Not die Menschen nicht kalt lässt. Überall auf der Welt finden Sie freiwilliges privates Engagement sowie Geldspenden, und das ebenso in armen wie in reichen Ländern.


Natürlich bringen Geschichten den Hilfsorganisationen Geld.
Ich muss aber ehrlich sagen, dass mir die persönlichen Geschichten in Katastrophenfällen inzwischen zu kommerziell ausgenutzt werden - für mich ein Grund nicht zu spenden.

Ich nehme an, dass heute alles beliebig in den Medien zu haben ein Grund dafür ist, warum nicht mehr jede Katastrophe wirklich wahrgenommen wird.



zuletzt bearbeitet 01.09.2017 17:05 | nach oben springen

#6

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 01.09.2017 22:25
von antenna (gelöscht)
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[/quote]

Zitat von Minou im Beitrag #4
Je weiter weg, desto weniger berührt das Leid der anderen, das ist überall zu bemerken.


An der Entfernung kann es nicht liegen. Texas duerfte bespielsweise geographisch nicht naeher liegen als Bangladesh oder Indien .Klar beruehren Geschehnisse in Laender, die man kennt oder bereist hat, einen mehr, doch darum geht es nicht.
Es geht bei meiner Kritik u.a. um die Medienaufmerksamkeit. So waren beispielsweise in den letzten Tagen die deutschen Medien ganz nahe der Katastrophe in Houston bishin zu Herrn Trump nebst Gattin mit Sturm Stilettos.

Dagegen fanden die Ueberschwemmungen mit insgesamt 1500 Todesopfer infolge des Monsuns in Suedasien vergleichsweise kaum mediale Beachtung.



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#7

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 10:38
von antenna (gelöscht)
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Wo bleibt eine Medienaufmerksamkeit fuer das Geschehen in Myanmar, Schauplatz eines Genozids an den Rohingyas?
Ich muss "auslaendische" Sender schauen, um zu erfahren, dass UNO-Sonderberichterstatterin fuer die Menschenrechtslage in Myanmar geflohene Rohingyas in Bangladesch traf. Sie erzaehlen, wie Soldaten Kehlen durchschneiden und Haeuser mit gefesselten Menschen anstecken. Auch von Massentoetungen und Vergewaltigungen durch die Armee berichten Geflohene.

Ist Myanmar tatsaechlich so weit entfernt, dass unsere Medien dieses Geschehen, die Flucht von Tausenden von Menschen nicht oder so wenig interessiert? Zum Urlauben ist das benachbarte Thailand nicht viel mehr als ein Katzensprung von Euroapa entfernt.



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#8

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 11:29
von Till (gelöscht)
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Medienaufmerksamkeit wird es geben, wenn Rohingya einen Rache-Anschlag verüben.


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#9

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 16:07
von Luftdrache (gelöscht)
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Zitat von antenna im Beitrag #7
Wo bleibt eine Medienaufmerksamkeit fuer das Geschehen in Myanmar, Schauplatz eines Genozids an den Rohingyas?
Ich muss "auslaendische" Sender schauen, um zu erfahren, dass UNO-Sonderberichterstatterin fuer die Menschenrechtslage in Myanmar geflohene Rohingyas in Bangladesch traf.


Sofern das Medium Radio noch genutzt wird, erfährt man solche Dinge z.B. auf NDR - Info.
Radio scheint überhaupt besser zu informieren als Fernsehen.


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#10

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 16:41
von Luftdrache (gelöscht)
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In Ergänzung - auch die Tagesschau informiert: http://www.tagesschau.de/ausland/myanmar...olgung-103.html


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#11

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 16:46
von Minou | 149 Beiträge

Beginne den Tag mit einem Lächeln, denn jeder Tag ist ein Geschenk.
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#12

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 17:55
von antenna (gelöscht)
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Zitat von Minou im Beitrag #11
Nicht nur die Tagesschau, auch andere Medien:

Zum Thema Rohingyas der Spiegel von heute:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/ro...-a-1165828.html

die Süddeutsche:

http://www.sueddeutsche.de/news?


search=Rohingyas+&sort=date&all%5B%5D=dep&all%5B%5D=typ&all%5B%5D=sys&all%5B%5D=time

Stern

http://www.stern.de/action/3000116/search?query=rohingyas

Frankfurter Allgemeine

http://www.faz.net/suche/?query=Rohingya...sultsPerPage=20



.


Danke Minou. Ganz an den deutschen Medien gehen die Ereignisse in Myanmar also nicht vorbei, wobei ich die Berichterstattung in den ZDF "heute" Nachrichten auesserst spaerlich finde und auch wenn Stern, Spiegel und Sueddeutsche das Thema aufgreifen, so wird es allgemein dennoch vergleichsweise sehr vernachlaessigt.



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#13

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 02.09.2017 17:57
von antenna (gelöscht)
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Zitat von Luftdrache im Beitrag #9
Sofern das Medium Radio noch genutzt wird, erfährt man solche Dinge z.B. auf NDR - Info.
Radio scheint überhaupt besser zu informieren als Fernsehen.


Das stimmt. Das Medium Radio ist eines der besten.



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#14

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 03.09.2017 10:51
von Athineos | 551 Beiträge

Naja, mit solch dunklen Flecken der Landkarte müssen wir leben. So z.B. auch der 500 Jahre alte Kampf der Muslime auf Mindanao um Anerkennung, der seit 1946 dort verstärkt stattfindet und in dauernden terroristischen Anschlägen mündet. Es ist sicher schlimm und es sollte auch darüber gesprochen werden. Aber die deutschen Medien dürften sicher überfordert sein über Ungerechtigkeiten in jeder Weltecke und Übergriffe gegen Minderheiten zu berichten. Dem einzelnen Mitglied hier fällt es dagegen leichter, über sein benachteiligtes Lieblingseckchen zu referieren .....


Μολών λαβέ!
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#15

RE: ueber die unterschiedliche westliche Wahrnehmung von Leid

in Medien 03.09.2017 12:27
von antenna (gelöscht)
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Zitat von Athineos im Beitrag #14
Dem einzelnen Mitglied hier fällt es dagegen leichter, über sein benachteiligtes Lieblingseckchen zu referieren .



Also: Myanmar ist nicht gerade mein "Lielingseckchen". Bangladesh zaehlt ebenfalls nicht dazu.
Es ist mir bloss aufgefallen, die ominpraesent die Bilder aus Houston - beispielsweise in den ZDF Nachrichten, waren und noch immer sind. Sicher ist es bedauernswert, wenn der Mensch sein Hab und Gut in den Fluten davon schwimmen sieht. Gestern waren in den" heute" Nachrichten diverse Einrichtungsstuecke zu sehen, die wohl nur noch als Sperrmuell entsorgt werden koennen. Und gut zu erfahren, dass Herr Trump schon wieder ins Katastropfengebiet einreiste. Natuerlich kann sich der gemeine TV - Zuschauer eher damit identifizieren als mit dem Bauer in Bangladesh, mit dessen Kuh seine gesamte Existenz von dannen schwimmt.



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