#1

Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 10.02.2018 11:27
von Findus (gelöscht)
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Bereits vor der Ära Trump hat Amerika versucht, sich mit Einfuhrzöllen gegen billige chinesische Importe zu schützen. Bereits dieser Schritt war eine Abkehr vom liberalen Welthandel, wenn auch eingebettet in den internationalen Rahmen der Welthandelsorganisation.
Donald Trump versucht wie in so vielen anderen Bereichen sein "America First" durchzusetzen. Ob Stahl, Solarzellen oder Aluminum, die Zuge neuer protektionischer amerikanischer Handelspolitik werden immer deutlicher sichtbar.
Die Maßnahmen sind zuerst gegen Amerikas wirtschaftlichen Konkurrenten China gerichtet. Doch auch auf andere Länder hat der neue Protektionismus negative Auswirkungen. Fraglich ist auch die Strategie, die Amerika hinsichtlich der Welthandelsorganisation WTO verfolgt.
Schutzzölle haben in der Historie zwingend zu wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen anderer Länder geführt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren für alle Länder negativ. Darum wurden in den letzten Jahrzehnten Streitpunkte vor dem Schiedsgericht der WTO geschlichtet. Wenn der Schlichtungsrahmen WTO aber - wie in der Zeit dargestellt - nicht mehr arbeitsfähig ist, welche Zukunft hat dann die Schlichtungsinstanz WTO noch?

Amerikas Schutzzölle - was bedeuten sie für Arbeit und Wirtschaft weltweit?


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#2

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 10.02.2018 11:56
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Da taucht bei mir eine Verständnisfrage auf. Nämlich:

Sollten nicht bvielmehr alle Länder dieser Erde für sich solche Schutzzölle erheben. So auch China, um ausländische Konkurrenz fern zu halten.

Nach meinem Verständnis lehnen wir doch die Freihandelszonen genau deshalb ab, weil es dann keine solchen Schutzzölle mehr gibt und damit das Lohnnivau in Deutschland weiter in den Keller fällt. Demnach müssten doch nur Länder wie China o.a. auch solche Schutzzölle einführen?


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#3

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 10.02.2018 12:40
von Findus (gelöscht)
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Wenn alle Länder Schutzzölle erheben, würde dies wirtschaftliche Auswirkungen haben. In einem positiv verlaufenden Szenario würde man vermutlich die Regionalisierung von Wirtschaft beschreiben. Im negativen Szenario Staatsbankrotte und wirtschaftliche Stagnation.
Sicher ist nur, dass ein Schutzzoll kein Breitband-Instrumentarium sein sollte, sondern ein wirtschaftliches Präzisionsinstrument. Die Frage hinter dem Schutzzoll ist ja letztlich die, wo schützenswerte Wirtschaftszweige betroffen sein könnten.
Es ist gerade bei solchen wirtschaftlichen Entscheidungen schwierig, genaue Wirkungen vorab prognostizieren zu können. Was z.B. Schutz des Lohnniveaus ist, kann auf der anderen Seite teurere Lebensmittel bedeuten. Für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung müssen in einer Marktwirtschaft Friktionskosten und Nutzen einer solchen Entscheidung in einem gesunden Verhältnis stehen.

Antworten kann uns aber vielleicht auch die Geschichte liefern. Ich denke da z.B. an das merkantilistische Frankreich. Frankreich führte nicht nur die Manufaktur als damals moderne Produktionsform ein, sondern belegte Einfuhren fremder Waren mit Zöllen. Im Laufe der Jahre erhoben sämtliche Nachbarn Frankreichs ebenfalls Einfuhrzölle. Wirtschaftshistorisch ist zumindest belegt, dass sämtliche Staaten aufgrund dieser Entwicklung Schulden und leere Staatskassen bekamen. Volkswirtschaftlich profitierte keines dieser Länder davon, dass alle Einfuhrzölle erhoben.
Auch die Kritik am Freihandel ist nicht neu. Die Wirtschaftskrise ab 1873 (Gründerkrach, begründet durch Überschuldung und Überproduktion) führte zur deutlichen Kritik des bisher favorisierten Freihandels und mündete darin, dass Otto von Bismarck 1878/79 zu seiner Schutzzoll-Politik überging. Getreide, Holz, Eisen und Vieh wurden durch Schutzzölle geschützt. Die Ergebnisse dieser Politik waren gemacht. Langsam stieg z.B. wieder die Kaufkraft, zugleich aber auch die Preise. Auswanderung wurde gestoppt, die Abhängigkeit von anderen Ländern trotz Regionalisierung erhöht.
Ob allerdings eine neue Schutzzollpolitik ähnliche Folgen hätte, ist nicht abzusehen, da die Weltwirtschaft sich in 150 Jahren selbstverständlich auch verändert hat.


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#4

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 10.02.2018 14:18
von Findus (gelöscht)
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Aber um mal zu fragen: Welche Folgen wird die amerikanische Schutzzoll-Politik den aus deiner Sicht haben, denker?


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#5

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 20.02.2018 22:11
von Findus (gelöscht)
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Führt der amerikanische Protektionismus zu einem "Handelskrieg" mit der EU?
Sicher ist, dass die geplanten amerikanischen Schutzmaßnahmen für die Stahl- und Aluminium-Industrie auch europäische Unternehmen treffen könnte. Die EU-Komission hält sich bedeckt, wie eine europäische Reaktion ausfallen könnte. Deutlicher wird der als konservativ geltende französische Finanzminister Bruno Le Maire - Strafzölle auf amerikanische Produkte sind eine realistische Option für Europa.

Und nun sage mir denker, ist das nicht das Problem des Protektionismus? Wenn alle sich abschotten, funktioniert die Wirtschaft für niemanden mehr.


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#6

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 21.02.2018 18:06
von woipe (gelöscht)
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der real existierende liberale welthandel ist, analog zum real exisitierenden sozialismus in der ddr damals, zu einem monster geworden, das sich den namen globalisierung gab. ich verstehe, dass man daher versucht sich wieder auf das eigene zu konzentrieren und sich zu schützen. verstehen heißt aber nicht, dass ich das auch befürworten würde. das wilde tier globalisierung mit protektionismus bändigen zu wollen, wird nicht funktionieren. statt dessen sollte man sich überlegen, ob man ggf. regelungen für den welthandel etablieren könnte, die die welt gerechter und überlebensfähig machen.

beowulf hat da in der vergangenheit an einem anderen ort einen ordentlichen literaturtip hinterlassen...
franz josef radermacher: welt mit zukunft: die ökosoziale perspektive


"nichts habe ich mir fester zum grundsatz gemacht, als meine lebensführung nicht nach euren vorurteilen zu gestalten." seneca
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#7

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 21.02.2018 19:04
von Findus (gelöscht)
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Wenn ich deinen Gedanken weiterführen, woipe, heißt dies zweierlei:
Zuerst folgt aus deinem Gedanken, die Globalisierung als Prozess der Öffnung zu verstehen. Dieser bezieht sich nicht nur auf Ökonomie, sondern zugleich auch auf andere Dinge, wie z.B. Bildung oder Kultur. Es ist kein Zufall, dass im Zeitalter der Globalisierung Internet und Digitalisierung an Bedeutung gewonnen haben. Im Teilbereich der Ökonomie sind die Regelungen für einen demokratischen Welthandel allerdings nicht gewachsen. Sie könnten nur gemeinsam auf dem internationalen Paket sinnvoll entwickelt werden.
Gleichzeitig haben die Staaten als zweites für eine ausreichende soziale Sicherheit zu sorgen. Soziale Sicherheit versetzt die Menschen erst in die Lage, die Globalisierung sinnvoll auch vor Ort zu gestalten. Das Dorf ist sozusagen heute zugleich auch die Welt.

Hieraus folgt schließlich, dass Schutzzölle und Strafzölle kontraproduktive Maßnahmen sind.



zuletzt bearbeitet 21.02.2018 19:05 | nach oben springen

#8

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 22.02.2018 16:24
von woipe (gelöscht)
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@ findus

da merkt man, dass du ganz gut verstehst, was ich meine...


"nichts habe ich mir fester zum grundsatz gemacht, als meine lebensführung nicht nach euren vorurteilen zu gestalten." seneca
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#9

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 03.03.2018 09:06
von Findus (gelöscht)
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Die Sorge in der Welt geht um. China, Kanada und der IWF waren vor den langfristigen Folgen amerikanischer Schutzzölle.
Trump gibt sich unbeeindruckt und zeigt sich sogar als großer Fan von Handelskriegen. Nach Stahl werden bald Einfuhrzölle auf weitere Produkte folgen.
Die Börsen reagierten bereits. Nach 500 Punkten Verlust am Donnerstag sank der Dow Jones gestern um weitere 70 Punkte. Die Jobs von 6,5 Mio. Arbeitnehmern in Betrieben, die rund um die Stahl- und Aluminium Industrie arbeiten, sollen gefährdet sein.


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#10

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 04.03.2018 11:05
von woipe (gelöscht)
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china als der zweitgrößte schuldner (nach japan) der usa könnte hier durchaus eine trumpfkarte in der hand halten...
1,06 billionen $ können ein argument sein...


"nichts habe ich mir fester zum grundsatz gemacht, als meine lebensführung nicht nach euren vorurteilen zu gestalten." seneca
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#11

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 09.03.2018 14:05
von woipe (gelöscht)
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jetzt sind die zölle der usa auf stahl und aluminium wohl durch...
http://www.tagblatt.ch/nachrichten/inter...t253652,5235460
https://www.mdr.de/nachrichten/wirtschaf...zoelle-100.html
da die eu derzeit in einigen bereichen deutlich höhere zölle erhebt (zum bleistift bei autos: die usa zahlen derzeit 10% während deutsche autobauer nur 2,5% berappen müssen), als die usa, sollte man sich schon überlegen, ob eine europäische trotzhaltung angemessen ist. zumal man nicht vergessen sollte, dass das exportvolumens des deutschen stahls mit 3 mrd. € gerade mal 0,23% des gesamtexportvolumens ausmacht.
https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/s...n/21050938.html
auch die entwicklungs- und schwellenländer haben eine zunehmende industrielle dynamik. hier müsste trump mit seinen zöllen durchaus auch mit einer gelben karte rechnen...
meiner einschätzung nach schadet trump mit dieser politik den usa mehr denn er ihnen nützt.


"nichts habe ich mir fester zum grundsatz gemacht, als meine lebensführung nicht nach euren vorurteilen zu gestalten." seneca
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#12

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 18.03.2018 09:35
von Findus (gelöscht)
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Die trump'schen Schutzzölle sind der Beginn von Handelskriegen der USA. Das seit Jahrzehnten bestehende Handelsungleichgewicht zur EU als die neue Rolle Chinas als Weltplayer sind Trump ein Dorn im Auge. Die Entwicklung der Globalisierung und fehlende soziale Reformen in den USA blendet der Präsident aus.

Der englische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze stellt die Hypothese auf, dass auch Versäumnisse der Liberalen in den USA zum knappen Wahlergebnis zu Gunsten Donald Trumps geführt haben. Niemand hat die maroden Städte des Rust-Belts modernisiert. Niemand hat soziale Reformen angestoßen.
Die Arbeiter des Rustbelts haben erst mit Barack Obama nun mit Donald Trump unkonventionelle Kandidaten gewählt. Ernsthafte Reformen aber könnten nur Liberale anstoßen.

Das notwendige Scheitern einer Schutzzollpolitik birgt die Chance, liberale Reformen anzustoßen.


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#13

Strafzölle und Gegenzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 08.07.2018 20:35
von Findus (gelöscht)
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Vom Forum unbemerkt hat sich ein "Handelakrieg" zwischen Trump und China entwickelt. Doch halt, auch auf europäische Produkte werden "Strafzölle" erhoben. China und die EU haben geantwortet - Strafzölle auf amerikanische Produkte. Jeder neue Zoll eskaliert die Lage. Regelungen der WTO werden mittelfristig ausgehebelt.
Daher die Frage zur Diskussion: Wäre es nicht besser, Trumps Zollpolitik gänzlich zu ignorieren und den Weg über die WTO zu wählen oder sind sie doch das Maß der Dinge, die Gegenzölle?


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#14

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 09.07.2018 09:13
von Bicyclerepairman | 105 Beiträge

Zitat von Findus im Beitrag #12
Die Arbeiter des Rustbelts haben erst mit Barack Obama nun mit Donald Trump unkonventionelle Kandidaten gewählt. Ernsthafte Reformen aber könnten nur Liberale anstoßen.


Egal welche politische Partei in den USA gerade an der Macht ist, was kann diese ändern ? Es handelt sich doch hier um eine Situation die seit fast ein Jahrhundert bestand hat. Und zwar die der am. Industrie Ihre jeweiligen Betriebe bis zum technischen Ultimo auslutschen zu lassen. Das war schon vor der großen Weltwirtschaftskrise so ( damit meine ich die ganz Große ) und damit sind sind jene bis dato gut gefahren. Wenn's noch funktionert würden die noch mit Dampfmaschinen und Lederriemenantrieb arbeiten. Der Standard ist seit Jahrzehnten unter aller Kanone, hier Investitionen an zu fahren ist eine Herkulesaufgabe. Vor allen eine in den Köpfen.

Zitat von Findus im Beitrag #12
Wäre es nicht besser, Trumps Zollpolitik gänzlich zu ignorieren und den Weg über die WTO zu wählen oder sind sie doch das Maß der Dinge, die Gegenzölle?


Was haben wir durch Trump als erstes gelernt ? Verträge, Vereinbarungen etc. sind Schall und Rauch. Gestern durfte man noch als ausl. Präsident (Macron) in den heiligen Hallen vorsprechen, man gabe sich Gesprächsbereit, einen Tag später ist alles vergessen. Der tritt im Namen der USA einfach irgendwo aus und gut ist.
Trump lernt nur durch exakt die gleiche Medizin. Und so schnell das die Europäer lernen um so besser ist das verhandeln mit Ihm.


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#15

RE: Amerikas Schutzzölle - das Ende liberalen Welthandels?

in Ökonomie 09.07.2018 12:22
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Zitat von Findus

Aber um mal zu fragen: Welche Folgen wird die amerikanische Schutzzoll-Politik den aus deiner Sicht haben, denker?



Dazu kann ich derzeit nichts sagen. Auch nach der obigen Erlärung nichts. Einmal sind Schutzzölle also doch gut, ein andermal nicht. An wirtschaftliche Präzisionsinstrumente kann ich nicht glauben. Laut Biokybernetik kann nie exakt voraus gesagt werden, wie, in welche Richtung, sich eine Gesellschaft entwickelt, wenn man ausgewählte Rahmenbedingungen ändert. Deshalb bin ich gerade etwas verwirrt ob der US amerikanischen Schtzzölle.


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