Zitat von Atue im Beitrag #2
Zum Fegefeuer hätte ich noch eine nette Idee....
Angenommen man zieht nach seinem Leben Bilanz, und weiß dann recht genau, was man falsch gemacht hat, wen man verletzt hat, wo man sich hätte anders entscheiden müssen.....und man hat nun die Chance, sich genau darüber mit all den Betroffenen auszutauschen, alle Motivationen offen zu legen und zu erläutern - und allen anderen geht es genauso....und das macht man so lange, bis man es wirklich in Gänze versteht.....warum wer wann wie gehandelt und reagiert hat.....welch ein Wehklagen, das dann aber immer mit Versöhnung endet, weil man den anderen ja versteht.....und wenn man dann alles und jeden versteht....das ist dann der Himmel, denn im Vollumfänglichen Verständnis gibt es keinen Grund mehr für auch nur einen einzigen schlechten Gedanken.....
Manche Dinge sind aber entgegen dem eigenen Naturell. Wenn ich manche Dinge Revue passieren lasse, dann sage ich mir oft, dass ich in der gleichen Situation im Rückblick, meinem Naturell geschuldet, wieder so und nicht anders handeln würde. Heutzutage nach entsprechender Kognition und "Reife" wäre es möglicherweise anders, wenn sich Wichtigkeiten verschoben haben und man souveräner mit einer ähnlich gearteten Situation umzugehen versteht. Quasi "von oben herab, auf der Wolke als unbeteiligter nur Zuschauer das Geschehen betrachtend.
Tout comprendre c'est tout pardonner. "Alles verstehen heißt alles verzeihen".
Das ist mir zu "gutmenschlich". Als guter Menschenkenner_in kann man sich in die Beweggründe eines anderen hineinversetzen und verstehen, dass er/sie auch irgendwie in sich selbst gefangen ist und nicht über den sprichwörtlichen Schatten zu springen vermag. Verstehen kann man, sollte man, vielleicht beurteilt man dann etwas "milder". Aber verzeihen? Nicht doch.
Da fällt mir dann wieder Luther ein, der vor der Kathedrale, wo er seine Thesen anschlagen wollte, sagte: Hier steh ich nun. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.
Wenn also jemand quasi gefangen ist, eingefangen wurde, sagen wir mal von einer Ideologie, die ihn oder sie schlimme Dinge tun lässt, dann kann man zwar um den Grund der Untaten wissen, die aus eben diesem Grund einer Einvernahme seines Geistes durch andere(s) geschah, aber deshalb hält sich doch das hehre Mitleid eines Verständnisses oder gar Verzeihens dafür in Grenzen.
Denn eigentlich gibt es immer noch die Möglichkeit einer Wahl zwischen "Ja oder Nein".
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