Heute gab es sozusagen als Weihnachtsgeschenk einen Start des Weltraumtelekops James Webb (kurz: JWST). Eine Ariane-5-Rakete brachte das 10-Mrd-Dollar-Teleskop tadellos in den dafür vorgesehenen Zielorbit.

https://www.zeit.de/wissen/2021-12/weltr...bble-nachfolger

Ich selber habe den Live-Stream verfolgt. (So erkältet, wie ich bin, gehe ich heute nicht hinaus trotz Sonne. Doch gerade heute es gilt die Bauernregel "Die Wintersonne ist fein, aber sie wärmt nicht", denn morgens waren -9°C und tagsüber -3°C.) Die gesamte Beschleunigung durch die Ariane dauerte weniger als 30min. Dann wurde auch schon die 2. Stufe der Ariane vom JWST getrennt. Eine Kamera an der Ariane sendete noch Bilder vom sich entfernenden Teleskop, und man sah noch, wie das Solarsegel ausgestreckt wurde, womit JWST mit Energie versorgt ist.

Der Flug des JWST bis zum Lagrange-Punkt L2 (1,5Mio km von der Erde entfernt) dauert voraussichtlich 1 Monat. In dieser Zeit wird sich das Teleskop Stück für Stück auseinanderfalten. Da kann noch vieles schief gehen. Auch kann L2 verfehlt werden, doch die Ariane hat hier schon alles beigetragen.

Der Beginn der Forschung wird wohl erst im Sommer 2022 beginnen. Bis dahin werden die Instrumente getestet. Man erhofft sich auf jeden Fall einen Riesenfortschritt an neuen Erkenntnissen zum Beginn des Weltalls, Exoplaneten, Dunkler Materie bzw. Energie.

Vielleicht wird auch unser Planet 9 in unserem Sonnensystem gefunden. Eigentlich interessant: Da hat man schon mehrere 1000 Exoplaneten gefunden, neuerdings sogar erster starker Hinweise auf einen exogalaktischen Planeten, und dennoch vermutet man zumindest einen weiteren unentdeckten Planeten im eigenen Sonnensystem, der mit vermuteten ca. 10 Erdmassen recht groß sein soll. Doch gerade die sehr weit von Sternen entfernten Planeten sind schwer zu entdecken. Denn sie werden von ihren Sternen kaum beleuchtet, haben extrem lange Umlaufzeiten (also keine Transitmethode anwendbar) und sind extrem kalt.

Doch im Infrarotbereich würde man solch kalte Objekte viel besser finden, da sie immer noch wärmer als das Weltall selber sind. Und genau auf diesen Bereich ist JWST eingestellt. Man kommt besser durch Weltraumnebel durch. Zudem ist die Helligkeit stark leuchtender Sterne im Infrarotbereich geringer, so dass deren Umgebung nicht überblendet wird. Das ist auch der Grund, warum der Großteil der Exoplaneten bislang an leuchtschwachen Roten Zwerge entdeckt wurde, aber weniger an hellen Sternen.

Hoffen wir, dass JWST heil an L2 ankommt und dass alles funktioniert. Zumindest die ESA in Kourou (Frz. Guayana) mit ihrer Ariane trägt keine Schuld an irgendwelchen Fehlern. Da war die Angst groß, sollte hier irgendwas schief laufen, dann hätten die europäischen Astronomen die geballte Wut der amerikanischen Kollegen zu spüren bekommen.

Wie heikel alleine der Transport von dem 10Mrd-$-Objekt von den USA nach Kourou war, zeigten die Art der Sicherungsmaßnahmen: Auf dem Landweg war das JWST regelrecht eskortiert. Die Seeweg wurde geheim gehalten, damit nicht irgendwelche Piraten das Schiff entern und ein unglaubliches Lösegeld verlangen können.

Bislang läuft alles nach Plan. Der kritischste Teil, nämlich das Auseinanderrollen und Entfalten der Schutzsegel, läuft in den nächsten Tagen. Ein Link von der NASA zum aktuellen Standort des JWST und dessen aktuellen Status beim Sich-Auseinanderfalten:

https://webb.nasa.gov/content/webbLaunch...ml?units=metric

Ggf auf "English <> Metric" klicken.

Von der Fluchtgeschwindigkeit von ca. 9,6 km/s ist nicht mehr viel übrig geblieben, aber sie reicht wohl zum Erreichen von L2.

Schon die Ariane hat wohl JWST so gut auf Kurs gebracht, dass nur geringe Korrekturen vom Antrieb des JWST gemacht werden mussten und der Treibstoff für Kurskorrekturen im L2 mehr als 10 Jahre ausreichen wird.

https://www.heise.de/news/Weltraumtelesk...re-6314850.html

Update:

Der kritischste Teil beim Auseinanderfalten des JWST ist nun erfolgreich gelungen: Es sind die 5 Folien in Tennisplatzgröße, die nun mit Seilen auseinander gezogen und aufgespannt wurden, um das Infrarot-Teleskop von der Sonnenstrahlung abzuschirmen und auf die gewünschte Temperatur herunterzukühlen.

Dass ins All gesendete Satelliten und Teleskope sich nach Ablösung von der Trägerrakete entfalten sollen, ist nichts Neues. Doch bislang waren es feste, unbewegliche Teile wie die Solarsegel oder Antennen, die an Scharnieren oder ähnlichen Gelenken montiert sind. Das beherrscht man lange und gut. Beim JWST müssen nur noch die Seitenflügel des Hauptspiegels ausgeklappt werden. Dann ist es endgültig entfaltet.
Neu ist aber das Entfalten von beweglichen Materialien wie Folien, und das noch durch Schnüre. Da ist immer das Risiko, dass sich die Schnüre verheddern oder die Folie (Dicke 0,05-0,1mm) reißt. Doch auch das gelang nach anfänglichen Problemen.

Nach der endgültigen Entfaltung will man die 18 Einzelspiegel des Hauptspiegels noch genau kalibrieren. Sie sind aus Beryllium (Be) mit einem Goldüberzug (Au), weil Be sich gegenüber Hitze kaum ausdehnt hat und Au sehr beständig gegen die Bombardierung von Minimeteoriten ist, was im Weltall allgegenwärtig ist. (Man sollte es nicht überbewerten, denn die beiden Voyagersonden, gestartet 1977, funktionieren auch noch, und das, obwohl sie seit Verlassen der Heliosphäre 2012 bzw. 2020 einer erhöhten kosmischen Strahlung und auch erhöhten interstellaren Staub, den der Sonnenwind innerhalb der Heliosphäre teilweise fernhält, ausgesetzt sind.) Trotzdem erfolgt die Feinkalibrierung erst, wenn der Spiegel erst einigermaßen abgekühlt ist. Sonst kann man das möglicherweise noch einmal tun. Das gilt auch allgemein für die Messgeräte, weswegen der wissenschaftliche Beginn erst ab Sommer 2022 erwartet wird.

Ende Januar ist der Lagrangepunkt L2 erreicht. Hier ein ausführlicher Artikel, was man sich von JWST erhofft (wenn alles gut geht) mit einer anschließenden Beschreibung der Besonderheit der Lagrangepunkte.

https://www.rhein-zeitung.de/deutschland...id,2356564.html

Es gab ja schon erste Testbilder vom JWST, aber das letzte erfolgte nach erfolgreicher Kalibrierung. Die Bildqualität scheint die Erwartungen sogar noch zu übertreffen.

https://www.faz.net/aktuell/wissen/weltr...p-17884688.html

Trotz der starken Helligkeit wurden in diesem Bild Hunderte von Galaxien im Hintergrund aufgenommen. Man kann die Bedingungen der Aufnahme vergleichen mit einem Bild im Gegenlicht. D.h. wenn man sich auf bestimmte Galaxien konzentriert und leuchtstarke Sterne im Vordergrund ausblendet, dann kann man noch ganz andere Qualitäten erwarten. Zudem sind noch nicht alle Messinstrumente auf die gewünschte Temperatur heruntergekühlt. Auch letzte Korrekturen und Kalibrierungen stehen noch aus.

Hier noch ein Video dazu als Vergleich mit irdischen Teleskopen (leider sagt er nicht, welche). Ein Vergleich mit dem Hubble-Weltraumteleskop fände ich noch besser.

Fern von allen kriegerischen Handlungen dreht das James-Webb-Weltraumteleskop seine Runden und hat einen weiteren Schritt vor dem wissenschaftlichen Betrieb erfolgreich beendet.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/welt...c4-b3f9d9f10f9c

Offenbar werden bezüglich der Qualität alle Erwartungen übertroffen. In so manchen früheren Artikeln war die Rede davon, dass das Webb durchaus in der Lage ist, mit seinen Bildern und Daten grundlegende Ansichten über das Universum zum Einsturz bringen kann. Vielleicht wird sogar der Urknall hinterfragt.

Neben Forschungen in den Weiten des Alls bis zur Grenze des noch Erkennbaren sollen auch relativ nahe Regionen Ziel der Forschung des Webb werden, so z.B. der Jupiter und seine Monde.

https://t3n.de/news/james-webb-hoechstle...schung-1465938/

Durch sein infrarotes Spektrum erwartet man, dass das Teleskop tiefer in die Atmosphäre dieses Riesenplaneten hineinschauen kann.

Zitat von Meridian im Beitrag #5

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Offenbar werden bezüglich der Qualität alle Erwartungen übertroffen. In so manchen früheren Artikeln war die Rede davon, dass das Webb durchaus in der Lage ist, mit seinen Bildern und Daten grundlegende Ansichten über das Universum zum Einsturz bringen kann. Vielleicht wird sogar der Urknall hinterfragt.

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Letzten Dienstag hat das Webb ein paar schöne Bilder gesendet und gezeigt, was es kann. Der Forschungsbetrieb hat jetzt begonnen. Die jetzigen Bilder sind schon mehr als Testbilder. Sie sind aber noch auf "vertrautem" Gebiet, so dass man deren Qualitätssteigerung mit früheren Teleskopen wie das Hubble vergleichen kann.

https://www.derstandard.de/story/2000137...ltraumteleskops

Das Bild, auf dem Hubble- vs. Webb-Aufnahmen vergleichen werden, kommt noch deutlicher, wenn man es anklickt. Es erscheint dann auf Twitter, dorth nochmal das Bild anklicken und dann mit rechter Maustaste "Bild im neuen Tab öffnen". Dann erscheint es erst richtig groß, und dann sieht man auch, dass die Webb-Aufnahme deutlich schärfer ist.

Hier noch die 5 Bilder direkt von der NASA:

https://webb.nasa.gov/content/webbLaunch...xplorer.html#43

Auch hier die Bilder anklicken, um deren Originalgröße zu sehen. Am schönsten finde ich den Carinanebel. Doch auch das Quintett der Galaxien und der planetare Nebel sind nicht zu verachten.

Das James Webb-Teleskop ist seit dem Sommer im wissenschaftlichen Betrieb. Doch es ist immer noch so, als ob man erst einmal probiert, was es eigentlich kann. Auch Aufnahmen werden gemacht, um diese mit anderen Teleskopen zu vergleichen. Diesmal hat es die "Säulen der Schöpfung" aufgenommen, ein Bereich, der vom Hubble-Teleskop so schön hervorgehoben wurde. Hier ein Video dazu. Der Herausgeber findet das Bild von Hubble künstlerisch besser als von James Webb, auch wenn er den deutlich besseren wissenschaftlichen Nutzen des Webb hervorhebt. Doch ein jeder soll selber urteilen. Es liegt auch an den unterschiedlichen Fähigkeiten der Teleskope.

Ich finde jedenfalls die Säulen der Schöpfung als eines der schönsten Gebilde im Weltall. Beide Bilder haben für mich ihr Vor- und Nachteile: Beim Hubble kommen die Säulen selber deutlich hervor, beim Webb sieht man die vielen Sterne besser, auch in den Säulen. Die Säulen erscheinen schwächer, aber auch viel detaillierter.

beeindruckendes Bild.

Hier findet man noch ein paar schöne Vergleiche zwischen Hubble und Webb (mit Schiebereglern):

https://www.webbcompare.com/

Und auch diese Seite lohnt einen Besuch:

https://www.spektrum.de/news/slowblog-di...ollection_story

Eine Übersicht interessanter Artikel gibt's hier:

https://getpocket.com/de/collections/mit...eck-zum-urknall

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