Die Verfehlungen im Klimaschutz sind vielfältig. Die Nicht-Einhaltung der CO2-Senkung für 2020 ist nur eine von mehreren Verfehlungen. Man kann es so sehen: Der Ökostromanteil in DE hat ja inzwischen einen beachtlichen Anteil bekommen. Und doch ist er verschwindend gering. Warum? Es kommt darauf an, auf was der Anteil bezogen ist:
- 40% bezogen auf den Nettostromverbrauch
- 37-38% bezogen auf den Bruttostromverbrauch (Netto + Kraftwerkeigenverbrauch und Leitungsverluste), auf diesen Wert bezieht sich das dafür zuständige Ministerium
- knapp 37% bezogen auf die Bruttostromproduktion (Bruttostromverbrauch + Stromexporte)
Auf den Strom bezogen sind diese Werte für ein Industrieland beachtlich. ABER:
unter 5% bezogen auf den Primärenergieverbrauch. Primärenergie ist alle Energie aus Rohstoffen, die für die Energieversorgung benötigt werden. Zu Energie zählt nicht nur Strom, sondern auch Wärme und Kraftstoff für die Mobilität. Und es wird auch die Energie gezählt, die nutzlos verbraucht wird. Das ist v.a. die Abwärme in Großkraftwerke, die in die Kühltürme geleitet wird.
Und nehmen wir zur Primärenergie noch den Energieverbrauch aller hier konsumierten Produkte für deren Herstellung im Ausland (besonders China) und natürlich deren Transport hinzu, dann dürfte der Ökostromanteil bei unter 1% liegen. Bsp.: Für die Herstellung einer Jeans werden im Mittel 8000l Wasser verbraucht. Auch Fleischkonsum ist sehr wasserintensiv (Tierhaltung und Schlachtung). Ich habe gelesen, dass der Wasserverbrauch in DE pro Person verglichen mit anderen europäischen Ländern eher niedrig ist (120-130l p.P. und Tag, im wasserärmeren Spanien dagegen fast 270l), aber nehmen wir den Wasserverbrauch aus der Herstellung der konsumierten Produkte hinzu, ist DE mit 4000l pro Person und Tag unter globalen Spitzenverbrauchern.
Man sieht, es gibt viel zu tun. Viel geholfen wäre, wenn die Preispolitik so gestaltet wird, dass Produkte aus der Umgebung am günstigsten sind und mit zunehmender Entfernung immer teurer werden. Es würde dann auch so manch unnötige Transporte quer durch die Welt unrentabel machen.
Ich erwarte jetzt nicht, dass jeder konsequenterweise nur noch Produkte aus der Umgebung isst*. Aber für Produkte aus fernen Regionen sollte mehr bezahlt werden. Es soll aber nicht heißen "Kauft deutsche Produkte" (mit vergiftetem Lob aus rechtsradikalen Kreisen), sondern "kauft regionale Produkte". Wer in Flensburg wohnt, sollte eher dänische (sofern nicht aus Färöer oder Grönland) als bayrische Produkte kaufen. Und jemand aus Garmisch-Partenkirchen sollte lieber österreichische Alpenbutter statt die Küstenbutter aus Schleswig-Holstein kaufen. Und ein Aachener sollte lieber belgische Pralinen statt Brandenburger Streuselkuchen besorgen (aber nur, wenn ihm Sprengel nicht gut genug ist).
Anders aber, wenn ein Bielefelder sagt, er isst lieber Pizza von Dr. Oetker als von Wagner. Dr. Oetker hat zwar seinen Hauptsitz in Bielefeld, aber ich bin mir sicher, dass die Zutaten aus aller Welt kommen. Selbst die Teigvorlagen kommen heutzutage vorgefertigt aus China (mit all den dortigen reichlich vorhandenen Schadstoffen). Generell wird ja bei allen Fertiggerichten nicht die Herkunft der einzelnen Zutaten angegeben. Das findet man ja nur beim Obst und Gemüse.
Wichtig ist der (Wieder-)Aufbau heimischer Wertschöpfungsketten. Alleine das senkt den Energieerbrauch.
*Ich habe von einer Frau gehört, die in dieser Hinsicht sehr konsequent war. Mit den Worten "Wächst hier nicht, ess' ich nicht!" hat sie u.a. auch keine Bananen und Orangen gegessen. Auch auf Schokolade (weil Kakao) hat sie verzichtet. Sie wurde mit dieser Einstellung 92 Jahre alt bei guter Gesundheit. Gegen Wein hatte sie nichts, da sie Süddeutsche war, aber auch nur solcher aus der Umgebung. Auch gegen Süßes wie Kuchen hatte sie nichts, wenn keine Schokolade und keine andere nicht-heimische Produkte enthalten waren. So aß sie auch keine Schwarzwälder Kirschtorte.