#1

Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 19.09.2019 11:42
von Anthea | 12.402 Beiträge

Das muss man wohl mit einem ziemlich klaren „Ja“ beantworten. Ich denke hier an „Deus lo vult“ oder den Schlachtruf „Für Gott, Kaiser und Vaterland“, all die Kriege und Kreuzzüge unter christlicher Flagge. Da erscheint Gott als oberster Kriegsherr. Da wird dann direkt mal und postwendend das Gebot „Du sollst nicht töten“ außer Kraft gesetzt.

Der „heilige Augustinus“ konnte das genau erklären. Gottes Wunsch sei es nun einmal zuweilen, dass Krieg geführt werden sollte. Also war das Töten erlaubt, sozusagen von höchster Stelle anbefohlen. Der Vatikan, also der Papst als Geschäftsführer des Unternehmens, fungierte als Überbringer de Wünsche Gottes, der gar viele hatte. Vor allen Dingen all die Ungläubigen, die Ketzer und Heiden mussten „bekehrt“ werden. Derer gab es viele und somit musste man diese stets durch Blut daran erinnern „und bist du nicht willig, dann brauch ich Gewalt…“

Die Zeiten haben sich geändert. Jedoch erhebt sich eigentlich die Frage, warum dann heutzutage noch „Fahnenflüchtige“ bestraft werden? Die Antwort müsste dann sein: weil sie Gottes Wunsch nicht befolgen? Oder eher doch: weil sie Gottes Gebot nicht zu töten befolgen?

„Ius ad bellum“? Ein „gerechter“ Krieg? Oder Recht zum Krieg? Das Böse gehört bestraft, das Gute belohnt… Wobei die Einordnung rein subjektiv ist! Chacun à son gout!

Ich sage mal: Nichts von alledem. Man könnte auch sagen: Recht auf Dummheit, auf Unmenschlichkeit, auf Verbrechen….
Der Kriegstreiber Bush wurde z.B. voller Ehrerbietung im Vatikan empfangen. Und beim Besuch des deutschen Papstes Benedikt in Amerika fiel dort kein kritisches Wort. Deus lo vult…?

„Der Krieg ist darin schlimm, dass er mehr böse Menschen macht, als er deren wegnimmt“. Immanuel Kant

Wir haben uns an „Krieg“ gewöhnt und es gibt immer Gründe, einen zu führen. Das war schon immer so, bereits jenseits der Zivilisation. Warum wurde denn dieses Relikt übernommen, als sei es lebensnotwendig? Ist es das? Und wie erklären sich die Ausnahmen, die Gott hinsichtlich seines Verbotes vom Töten anderer macht?

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


zuletzt bearbeitet 19.09.2019 11:43 | nach oben springen

#2

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 19.09.2019 21:20
von grimmstone | 478 Beiträge

Es gibt keinen Gott.
Es gibt nur Ideologien
Daraus folgt: Religionen sind Ideologien.


Es gibt aber sehr gute literarische Werke.
z.B. die Bibel.


Die meisten Ruinen haben zwei Beine.
http://nachtschichten.eu
nach oben springen

#3

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 19.09.2019 21:45
von Anthea | 12.402 Beiträge

Zitat von grimmstone im Beitrag #2
Es gibt keinen Gott.
Es gibt nur Ideologien
Daraus folgt: Religionen sind Ideologien.


Es gibt aber sehr gute literarische Werke.
z.B. die Bibel.


Dann nenne es "Ideologie", wenn du nicht an Gott glaubst. Jedoch bleibt die Frage bestehen, denn Gläubige orientieren sich an "literarischen Werken", sei es Bibel, Koran, Tora u.a. Und jeder Glauben beinhaltet ein "höheres Wesen" - Gott.

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#4

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 19.09.2019 22:25
von grimmstone | 478 Beiträge

Dann muss man Gläubigen vorwerfen, dass sie bewusst Verbrechen begehen/begingen.


Die meisten Ruinen haben zwei Beine.
http://nachtschichten.eu
nach oben springen

#5

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 19.09.2019 22:38
von Anthea | 12.402 Beiträge

Zitat von grimmstone im Beitrag #4
Dann muss man Gläubigen vorwerfen, dass sie bewusst Verbrechen begehen/begingen.




Nein, denn es wird ihnen ja vorgemacht, dass ihre Obrigkeit, ihr Gott, Tötung gut heißt und befiehlt.
Man kann Menschen ihren Glauben nicht vorwerfen, im Falle eines Gottglaubens noch nicht einmal Naivität. Denn das Wesen des Glaubens ist nun einmal "nicht wissen". Und definitiv/final wissen kann man nun einmal nicht.


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#6

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 21.09.2019 03:47
von Athineos | 551 Beiträge

Zitat von grimmstone im Beitrag #2
Es gibt keinen Gott.
Es gibt nur Ideologien
Daraus folgt: Religionen sind Ideologien.





Mit Behauptungen als These und Antithese kannst Du eine für Dich gültige Synthese ziehen, aber keine allgemein logisch zwingende! Außerdem ist die Kausalkette, d.h. die Folgerung sowieso falsch, da Du zwei Begriffe, nämlich Gott und Religion stillschweigend gleichsetzt, bez. einen Begriff ( Religion ) einsetzt, der weder definiert noch eingeführt wurde!
" Es gibt Berge.
Viele Berge bilden ein Gebirge.
Daraus folgt, es gibt keine Nilpferde im Gebirge ..... "


Μολών λαβέ!


zuletzt bearbeitet 21.09.2019 03:48 | nach oben springen

#7

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 21.09.2019 03:55
von Athineos | 551 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #5
Zitat von grimmstone im Beitrag #4
Dann muss man Gläubigen vorwerfen, dass sie bewusst Verbrechen begehen/begingen.




Nein, denn es wird ihnen ja vorgemacht, dass ihre Obrigkeit, ihr Gott, Tötung gut heißt und befiehlt.




Ich glaube zu wissen, worauf Du hinaus willst, aber meiner Meinung nach lässt Du das im 18. Jahrhundert entstandene Naturrecht außer Acht, in dessen Rahmen der Mensch durchaus imstande ist, moralisch/ethisch einwandfreie Handlungen zu erkennen und zu definieren. ( Und nun begebe ich mich aufs Glatteis, verrate aber nicht, inwiefern .... )


Μολών λαβέ!


zuletzt bearbeitet 21.09.2019 03:56 | nach oben springen

#8

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 21.09.2019 04:05
von Athineos | 551 Beiträge

Zu Deiner historischen Exkursion möchte ich zwei Punkte ergänzen!
Das iustum bellum ( ! ), also ein gerechter Krieg, war für den Schöpfer des Begriffes, den Römer, die Voraussetzung für den Sieg! Es ging hierbei also um Effektivität, nicht um Moral! ( Meist war mit einer offiziellen Kriegserklärung dieser Umstand schon erfüllt. Und das konnte in Rom auf dem Campus Martius geschehen, wo ein Stückchen Land vorübergehend zu Feindesland erklärt wurde, wohin der Consul oder später der Kaiser ein Pilum schleuderte! )
Dass auch das Töten im Krieg als Vergehen gegen göttliche Regeln empfunden wurde, lässt sich sehr gut in der antiken und mittelalterlichen griechischen Orthodoxie erkennen. Hier durften nämlich Kaiser ( als Stellvertreter Gottes auf Erden ) und das gesamte, von einem Feldzug heimkehrende Heer erst nach einer Entsühnung die Hauptstadt Konstantinopel und deren Kirchen betreten!


Μολών λαβέ!


zuletzt bearbeitet 21.09.2019 04:10 | nach oben springen

#9

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 21.09.2019 04:12
von Athineos | 551 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #1
Das muss man wohl mit einem ziemlich klaren „Ja“ beantworten. Ich denke hier an „Deus lo vult“ oder den Schlachtruf „Für Gott, Kaiser und Vaterland“, all die Kriege und Kreuzzüge unter christlicher Flagge. Da erscheint Gott als oberster Kriegsherr.




Nein, meine liebe Anthea, hier legitimiert wohl der Mensch und nicht Gott das Töten!


Μολών λαβέ!
nach oben springen

#10

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 21.09.2019 08:13
von Anthea | 12.402 Beiträge

Zitat von Athineos im Beitrag #9
Zitat von Anthea im Beitrag #1
Das muss man wohl mit einem ziemlich klaren „Ja“ beantworten. Ich denke hier an „Deus lo vult“ oder den Schlachtruf „Für Gott, Kaiser und Vaterland“, all die Kriege und Kreuzzüge unter christlicher Flagge. Da erscheint Gott als oberster Kriegsherr.




Nein, meine liebe Anthea, hier legitimiert wohl der Mensch und nicht Gott das Töten!


Ich denke jedoch, dass der Mensch sich hinter Gott versteckt, resp. aus Bibelstellen, vorzugsweise des AT, entnimmt, dass die Erlaubnis zum Töten von Gott kommt und eben ein gottgefälliger Akt ist, wenn Gottesleugner/Heiden vernichtet werden.

.


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#11

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 23.09.2019 10:35
von kuschelgorilla | 3.292 Beiträge

Hm?
Ich bin Agnostiker. Religionslos, glaube aber an einen Gott, dessen Existenz ich nicht beweisen kann - dessen Existenz sich vermutlich nie beweisen lässt.
Religionslos bin ich aus dem Grund, dass alle Religionen menschengemacht sind. Und da können religiöse Eiferer so lange mir das Blaue vom Himmel herunter zu erzählen versuchen und sich für die Supermedien hinstellen, denen Gott seine Existenz offenbart hat - sie bleiben Menschen und sind damit aus meiner sehr subjektiven Sicht fehlbar. Diese Menschen sind es, die den Religionen den Inhalt geben und ihn auslegen. Daher sind es aus meiner Sicht Menschen die im Falle einer Religion das Töten legitimieren und nicht ein wie auch immer gearteter Gott. Wer behauptet, Gott würde das Töten legitimieren, der möge mir bitte Gott in Persona vorstellen, damit dieser mir das persönlich sagt.


Meine Motivation ging heute morgen winkend und lächelnd an mir vorbei


nach oben springen

#12

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 23.09.2019 11:38
von Athineos | 551 Beiträge

@ Kuschelgorilla
Entweder ist was mit der Zitierfunktion im Argen oder ich wurde zu blöde dazu!

Ergänzend zu Deinem letzten Satz füge ich ein Platon-Zitat an: " Wenn die Menschen Esel wären, hätten sie Götter mit Eselsköpfen! "


Μολών λαβέ!
nach oben springen

#13

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 24.02.2020 12:46
von Hamlets Gummibärchen (gelöscht)
avatar

Es gibt keinen Gott, aber er ist nützlich. Man kann ihm alles, was man eh` schon will, in den Mund legen und damit seine Rechtschaffenheit legitimieren. Was für eine absurde Situation, wenn jede miteinander kriegführende Partei Gott für ihre Seite reklamiert, und welch eine Blamage für den Menschen, wenn er den Schwindel nicht durchschaut.


"Bosheit, mein Herr, ist der Geist der Kritik, und Kritik bedeutet den Ursprung des Fortschritts und der Aufklärung" (Thomas Mann, Der Zauberberg)

Man kann aus keiner Mücke einen Elefanten machen, aber jeden Elefanten zur Schnecke.
nach oben springen

#14

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 24.02.2020 17:15
von Anthea | 12.402 Beiträge

Zitat von Hamlets Gummibärchen im Beitrag #13
Es gibt keinen Gott, aber er ist nützlich. Man kann ihm alles, was man eh` schon will, in den Mund legen und damit seine Rechtschaffenheit legitimieren. Was für eine absurde Situation, wenn jede miteinander kriegführende Partei Gott für ihre Seite reklamiert, und welch eine Blamage für den Menschen, wenn er den Schwindel nicht durchschaut.


Ich denke nicht, dass ein Gottgläubiger aufgrund seines Nichtwissens sich beschämt resp. blamiert vorkommt. In festem Glauben, und unerschütterlicher Überzeugung wird er möglicherweise lächeln und die anderen "Ignoranten" nennen.

Und eigentlich grundsätzlich (man nennt es auch ein Totschlagargument) - schlag nach bei Shakespeare:

„There are more things in heaven and earth, Horatio, than are dreamt of in our philosophy.“

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


nach oben springen

#15

RE: Legitimiert "Gott" das Töten?

in Religion und Ethik 26.02.2020 01:11
von Atue (gelöscht)
avatar

Die alten Götter haben sich lange schon von der Weltbühne verabschiedet, und der monotheistische Gott aktueller Weltreligionen teilt sich wohl nur sehr wenigen so mit, dass sie ihn glauben zu verstehen. Alle Übrigen lesen nur Texte, die letzten Endes Menschen verfasst oder zumindest geschrieben haben.

Ob es einen Gott gibt, weiß ich nicht - aber was völlig auf der Hand liegt ist, dass die Gotteskonzepte der üblich verdächtigen Religionen allesamt in sich wenig stimmig und wenig konsequent sind. WENN es einen Gott gibt, dann müsste man dringend mal sein Bodenpersonal mit der Überarbeitung und Grundrenovierung seiner Texte beauftragen.

Der Verdacht drängt sich aber auf, dass nicht Gott das Töten legitimiert und verantwortet, sondern dass es die Menschen sind. Die Töten schon ziemlich lange, mal in Gottes Namen, mal in eigener Regie....und so richtig macht es keinen Unterschied, die Opfer sind tot.

Ich vermute viel stärker, dass es dann doch eher zum Grundwesen des Menschen gehört, dass er nicht nur töten kann, sondern sogar innerhalb der eigenen Art keine all zu großen Skrupel vom Töten abhalten.

Um diese, vielleicht in alten Zeiten auch mal biologisch begründbare, Verhaltensweise beim Menschen weg zu bekommen, wird es wohl noch viele Jahrtausende brauchen - in jedem Fall aber einer Kultur bedürfen, die das Töten mehr noch als heute schon ächtet. Eine grundlegende Ablehnung von Gewalt hilft hier sicherlich.

Bei allen begründbaren Wurzeln des Menschen, mit denen man eine Tötung begründen kann - dies darf nie eine Ausrede sein! Letzten Endes ist es der einzelne Mensch der tötet - und der steht in der Verantwortung! Und wenn nicht vor einem Gott, dann wenigstens vor sich selbst und seinem Gewissen.



nach oben springen


Ähnliche Themen Antworten/Neu Letzter Beitrag⁄Zugriffe
Wo bitte geht's zu Gott....
Erstellt im Forum Allgemeine philosophische Betrachtungen von Anthea
10 30.07.2021 23:30goto
von Atue • Zugriffe: 333
"Gott segnet nicht die Sünde"
Erstellt im Forum Religion und Ethik von Atue
10 20.03.2021 23:16goto
von Atue • Zugriffe: 442
Der unerklärbare Gott und das Scheitern beim Bemühen von Beweisfindung
Erstellt im Forum Religion und Ethik von Anthea
172 20.08.2021 12:25goto
von denker_1 • Zugriffe: 3249
Theodizee – oder muss Gott sich rechtfertigen?
Erstellt im Forum Klassische Philosophie von Anthea
22 16.10.2023 17:48goto
von Anthea • Zugriffe: 1197
Gottes Segen sei auch ihnen gewiss...
Erstellt im Forum Diverse Nachrichten von Anthea
6 12.01.2018 15:02goto
von antenna • Zugriffe: 301
Der „satanische“ Gott?
Erstellt im Forum Religion und Ethik von Anthea
26 07.08.2021 08:41goto
von Anthea • Zugriffe: 639
Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen
Erstellt im Forum Literatur von Anthea
11 13.08.2021 17:20goto
von Anthea • Zugriffe: 453
Wie die Anuak Gott sehen ...
Erstellt im Forum Allgemeine philosophische Betrachtungen von Till
8 26.08.2017 21:38goto
von Mellnau • Zugriffe: 292
"Grüß Gott" in der Kritik
Erstellt im Forum Schule und Bildung von moorhuhn
11 14.02.2018 17:28goto
von woipe • Zugriffe: 840

Besucher
0 Mitglieder und 10 Gäste sind Online

Besucherzähler
Heute waren 493 Gäste und 2 Mitglieder, gestern 471 Gäste und 4 Mitglieder online.

Forum Statistiken
Das Forum hat 2263 Themen und 50180 Beiträge.

Heute waren 2 Mitglieder Online: