Zitat von Anthea im Beitrag #1
Und die Antwort, die gegeben werden kann, ist eigentlich immer dieselbe. Da, wo Menschen sind, die einander achten und lieben. Dort lebt „Gott“.
Diese Antwort setzt erst einmal voraus, dass es einen Gott gibt. Das halte ich längst nicht für erwiesen.
Doch selbst wenn es einen Gott gibt stellt sich bei dieser Antwort eine ganze Reihe an Fragen:
Wenn keine Menschen da sind - ist Gott dann erledigt und er "lebt" dann nicht (mehr)? Wenn dem so wäre - ist er (oder sie oder es) dann noch ein Gott?
Lebt Gott überhaupt - oder ist der Begriff des Lebens nur sinnvoll, wenn es auch ein Nicht-Leben gibt? Und: Kann ein Gott in diesem Sinne "Nicht-Leben"?
Und was ist mit Einsiedlern - lebt Gott bei denen auch? Schließlich gibt es doch viele Berichte von Mystikern, die gerade in der Einsamkeit Gott erfahren haben.......wie passt das dazu, dass man Gott in Gemeinschaft erfährt?
Ist es nicht eine falsche Vorstellung, wenn man von einem Gott ausgeht, der nicht allumfassend, allräumlich und allzeitlich ist? Wäre ein solcher Gott allmächtig - und wenn nicht, was stünde über ihm? Ein Gott-Gott?
Für mich bleibt es dabei: Wenn es einen Gott gibt (sofern die Frage danach überhaupt sinnvoll ist), dann ist dieser Gott garantiert nicht kompatibel mit allen wesentlichen Vorstellungen die in der Menschheit bisher breiten Raum eingenommen haben und einnehmen. Alle gängigen derzeitigen und auch früheren Religionen mit größerer Bedeutung sind definitiv kaum haltbar, wenn man die Erkenntnisse der Wissenschaft von heute dem gegenüber hält. Aber: Das bedeutet nicht, dass ich ausschließe, dass es so etwas wie einen Gott gibt! Auch mit aller Wissenschaft bleibt mehr als genug Raum für einen Gott.
Nur: Dieser wäre anders, als das, was man gängigerweise darunter verstehen möchte oder glauben möchte.
Vernünftiger als der Glaube an einen Gott erscheint mir der Glaube an einen SINN (besser noch LOGOS - alternative Übersetzungen zu Sinn könnten auch sein: TAT, KRAFT, WORT, VERNUNFT, evt, auch Entscheidbarkeit, Richtigkeit, Gewissen, ...u.v.m...).
Spannend in diesem Kontext ist dann auch dass man Begegnung von vernunftfähigen und sinnorientierten Wesen als Dialog bezeichnen kann - was dem Wortsinn nach "Durch Sinn" oder "Mit Vernunft" bedeutet.
In der Anthroposophie (ich bin da allenfalls Laie, kein Experte) greift man gerne die Dreiteilung des Menschen in Kopf, Herz und Hand auf (auch Haupt, Herz, Hand - was man sich mit den 3 Hs gut merken kann......oder eben auch SINN, KRAFT, TAT - wie man diese Dreigliederung des Menschen auch bezeichnen kann...man erinnere sich auch an die Übersetzungen von Faust zur Bibel......) - und diese weisen auch auf LOGOS.
Der vernunftorientierte Mensch ist damit ein LOGOS-Wesen......und, wenn ein Mensch sinnorientiert, DU-orientiert und ICH-orientiert unterwegs ist, dann ist er damit Dialogfähig, und sicherlich auch durchaus Bibelkompatibel göttlich unterwegs.
Weisheiten, die Philosophen aufgreifen - aber längst nicht nur die Philosophen, die christliche Religionen als Wurzel kennen, sondern auch Philosophen und Mystiker aus Kulturkreisen, die uns eigentlich eher fremd sind - also beispielsweise findet man ähnliche Überlegungen auch im Buddhismus oder Taoismus und vielen weiteren Religionen, wenn man dort mehr den Mystikern und TOP-Experten folgt, als der gemeinen volksnahen Lehre, die doch häufig mehr an Märchen und Science Fiction erinnert, denn an ernst zu nehmenden Glaubenslehren.
Ich glaube mehr an den SINN im Sinne von LOGOS denn an einen Gott - aber wenn es den, die oder das doch gibt, dann wird er/sie/es eher mit den Folgerungen aus den Ideen zum SINN zurechtkommen, als mit den gängigen Vorstellungen von Weihnachten und ähnlichen Festivitäten in allen möglichen anderen Religionen.
KANT for PAPST wäre insofern für mich eine völlig valide sinnvolle Forderung. (inklusive seiner Kritik an der Religion!)