...klappt es auch mit Großprojekten. Gemeint ist der Wiederaufbau der der Autobahnbrücke über das Polcevera-Tal in Genua.

https://www.tagesschau.de/ausland/genua-...ruecke-103.html

Vom Einsturz am 14. August 2018 bis zur Einweihung der neuen Brücke heute am 3. August 2020 sind knapp 2 Jahre vergangen. In dieser Zeit wurde nicht nur die neue Brücke aufgebaut (das dauerte nur 10 Monate), sondern zuvor mussten die Opfer geborgen werden, Bewohner in Brückennähe evakuiert werden, die Reste der alten Brücke eingerissen werden und das Design der neuen Brücke bestimmt werden.

Die neue Brücke ist verglichen mit der alten ziemlich schlicht und erfüllt hoffentlich ihren Zweck. Trotz des schnellen Wiederaufbaus ist dieser Autobahnabschnitt sogar aufgewertet worden, denn auf der neuen Brücke gibt es neben den 2 Fahrspuren pro Richtung auch je eine Nothaltespur.* Das gab es bei der alten Brücke nicht. Nothaltespuren gibt es auf italienischen Autobahnen in gebirgigen Umgebungen nicht häufig, denn in den sehr oft vorkommenden Brücken und Tunnels fehlen diese meistens.

Grund zum Feiern gibt es aber kaum. Die Coronakrise spielt dabei eine geringere Rolle, aber man will auf Respekt vor den Opfern nur eine schlichte Einweihung machen. Das größere Problem sind sowieso noch viele weitere Autobahnbrücken, die ebenfalls in schlechtem Zustand sind. Manche sind dabei erst wenig mehr als 10 Jahr alt.

Wenn man wirklich will, geht es mit den Großprojekten. Offenbar sind unsere aktuellen Großprojekte wie BER nicht von dem Enthusiasmus (oder auch der Not) getragen, der nötig ist, damit es gut läuft. Und wenn dem nicht so ist, sollte man mal hinterfragen: Brauchen wir diese Projekte denn überhaupt?



*Eine dritte Fahrspur ist nicht geplant, da diese Autobahn teils mitten durch Wohngebiete von Genua führt und zudem recht kurvig ist. Eine parallele Autobahn weiter im Landesinneren und weg von der Stadt ist geplant, wahrscheinlich mehr oder weniger nur in Tunnels. Hier ein Video der A10 über die alte Brücke vom Jahr 2013 und der anschließenden Sopraelevata-Hochstraße mit Blick auf Hafen und Altstadt. Beeindruckend, Hochstraße und die beengten Verhältnisse für die Autobahn.

https://www.youtube.com/watch?v=iBaO3cQ6Er8

Bemerkenswert ist der Name des fast 1km langen Tunnels vor der Polcevera-Brücke: "Coronata".
Aber man sieht, dass eine parallele neue Autobahn trotz vermutlich sehr langer Tunnels wahrscheinlich günstiger ist als der Ausbau der bestehenden Strecke auf 3 Spuren. Als Kind war ich auf dieser Strecke in den 80er-Jahren. Da gab es diese Lärmschutz-Einhausungen noch nicht (die Tunnels selbstverständlich schon). Es ging an Wohnhäusern vorbei, die direkt an der Autobahn klebten. Zum Teil hing die Wäsche über der Autobahn zum Trocknen...

Hier noch ein weiteres Video dazu.

https://www.youtube.com/watch?v=SQWFJgjX3m8

Nur auf der neuen Brücke entspricht die Autobahn einem modernden Standard, ansonsten: kurvig, kurze Beschleunigungsstreifen, fehlende Nothaltestreifen auch außerhalb der vielen Tunnels. Doch nur durch neue Trassen könnte man Autobahnen mit zeitgemäßem Standard bauen. Geplant sind solche, die auch Wohngebiete großräumig um- bzw. unterfahren.

Was das Video aber eindringlich zeigt, ist, dass die neue Brücke keineswegs die Verkehrsprobleme löst. Jetzt erstickt Genua wieder im Stau, nachdem der Durchgangsverkehr fast 2 Jahre lang großräumig umgeleitet wurde. (Stau im Coronata-Tunnel, irgendwie symbolisch...) Und so manche Bewohner, deren Häuser direkt an der Autobahn sind, dürften sich nicht unbedingt auf die Wiedereröffnung freuen. Da hilft auch eine Erhöhung der Autobahnmaut nicht, denn dann verlagert sich der Stau in die Straßen von Genua selber.