#1

Gedichte

in Gedichte 28.06.2017 14:04
von Anthea | 12.404 Beiträge

Eines meiner Lieblingsgedichte.
Von Nietzsche

Das trunkene Lied

O Mensch! Gib Acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
»Ich schlief, ich schlief –,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: –
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh –,
Lust – tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit –,
– will tiefe, tiefe Ewigkeit!«
---


"Welch triste Epoche, in der es leichter ist, ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil!"
Albert Einstein


zuletzt bearbeitet 28.06.2017 14:04 | nach oben springen

#2

RE: Eigene Gedichte

in Gedichte 28.06.2017 14:36
von thunibert (gelöscht)
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Und nochmals, im Wesentlichen, Nietzsche:

Es ist der Wind um Mitternacht,
Der leise an mein Fenster klopft.
Es ist der Regenschauer sacht,
Der leis an meiner Kammer tropft.

Es ist der Traum von meinem Glück,
Der durch mein Herz streift wie der Wind.
Es ist der Hauch von deinem Blick,
Der durch mein Herz geht, Glück ersinnt.


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#3

RE: Gedichte

in Gedichte 28.06.2017 15:14
von Hamlets Gummibärchen (gelöscht)
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Da ich zu faul bin, das "The Howl" von Ginsburg hier einzustellen - sind ja nur 38 Seiten, bis 35 hätte ich gesagt, ich bin ja mal nicht so - ein kurz. Von Jakob von Hoddis.

Weltende

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,,
in allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
und an den Küsten - liest man - steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.



Dies hat von Hoddis 1911 geschrieben. Wie vorahnend! Wie hellspürend! Und dann dieses Gedicht von Georg Trakl, nur drei Jahre später geschrieben, als, was von Hoddis anspöttelte, grausame Wirklichkeit geworden war
Grodek.

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.


Trakl hielt es wohl nicht aus. Er starb kurz nach Verfassen dieses Gedichtes an einer Herzlähmung und einer Überdosis Kokain, möglicherweise also durch Suizid. Angesichts des Grauens der Schlachten um Lemberg 1914 vielleicht nicht die menschenfernste Reaktion.



zuletzt bearbeitet 28.06.2017 15:28 | nach oben springen

#4

RE: Gedichte

in Gedichte 29.06.2017 10:00
von Anthea | 12.404 Beiträge

Und noch ein Gedicht, das ich sehr mag. Von Elizabeth Barrett-Browning

Wie ich dich liebe

Wie ich dich liebe? Lass mich zählen, wie.
Ich liebe dich so tief, so hoch, so weit,
Als meine Seele blindlings reicht, wenn sie
Ihr Dasein abfühlt und die Ewigkeit.

Ich liebe dich bis zu dem stillsten Stand,
Den jeder Tag erreicht im Lampenschein
Oder in Sonne. Frei, im Recht, und rein
Wie jene, die vom Ruhm sich abgewandt.

Mit aller Leidenschaft der Leidenszeit
Und mit der Kindheit Kraft, die fort war, seit
Ich meine heiligen nicht mehr geliebt.

Mit allem Lächeln, aller Tränennot
Und allem Atem. Und wenn Gott es gibt,
Will ich dich besser lieben nach dem Tod.


"Welch triste Epoche, in der es leichter ist, ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil!"
Albert Einstein
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#5

RE: Gedichte

in Gedichte 29.06.2017 12:09
von Hamlets Gummibärchen (gelöscht)
avatar

Eines meiner n Leiblingsgedichte ist von Miroslav Holub, dem tsechischen Lyriker und Immunbiologen, der von 1968 (!) bis 1980 mit einem Veröffentlichungsverbot belegt war.. Ich habe Umgang mit diesem großartigen Text seit 1969 - da war ich 21. Und wenn es ein heimliches Motto meines Lebens geben sollte, dann dieses: Geh und öffne die Tür.


DIE TÜR
„Geh und öffne die Tür.
Vielleicht ist draussen
ein Baum oder ein Wald
oder ein Garten
oder die magische Stadt.

Geh und öffne die Tür.
Vielleicht kratzt ein Hund da.
Vielleicht ist da auch
ein Gesicht oder ein Auge
oder das Bild eines Bildes.

Geh und öffne die Tür.
Wenn da Nebel ist,
wird er fallen.

Geh und öffne die Tür.
Und wenn da nur
fiepende Finsternis wäre,
und wenn da nur
ein hohler Hauch wäre,
und wenn da
gar nichts
wäre,

geh und öffne die Tür.

Zumindest wird
Zugluft sein.“



zuletzt bearbeitet 29.06.2017 12:13 | nach oben springen

#6

RE: Gedichte

in Gedichte 29.06.2017 17:20
von Athineos | 551 Beiträge

Ein Gedicht von Jannis Ritsos:

Diese Bäume dulden einen geringeren Himmel nicht,
diese Steine verweigern sich dem fremden Schritt,
diese Gesichter können nur unter der Sonne sein.
Diese Landschaft ist hart wie das Schweigen,
sie presst in ihrem Schoß das heiße Gestein,
in ihrem Licht die verwaisten Ölbäume und die Weinstöcke,
sie presst die Zähne zusammen. Es gibt kein Wasser.
Nur Licht.
Alle dürsten. Jahre nun. Alle kauen sie einen Bissen Himmel
über ihrer Bitterkeit.
Ihre Augen rötet die schlaflose Nacht,
eine Furche tief, eingekeilt zwischen den Brauen,
wie eine Zypresse zwischen zwei Bergen im Abendglanz.

(zitiert aus: Milos geschleift, (Buchtitel) Reclam Leipzig 1979, S. 14, „Griechentum“ (Gedicht) Übersetzer: Thomas Nicolaou)


Μολών λαβέ!


zuletzt bearbeitet 29.06.2017 17:25 | nach oben springen

#7

RE: Gedichte

in Gedichte 18.10.2017 20:42
von MaMi (gelöscht)
avatar

Ach nein, ich kann kein Schächer sein,
da müsst ich wilder, frecher sein,
wahrscheinlich auch viel böser.

Und weil ich lau und feige bin,
nicht Bratsche und nicht Geige bin,
langt's nicht mal zum Erlöser.


Robert Gernhardt


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#8

RE: Gedichte

in Gedichte 18.10.2017 21:07
von Martin | 343 Beiträge

Nicht übel! >8´)

Gleich mal testen, wie weit man hier mit der Freiheit der Kunst gehen kann. Vorsicht...! >x´)

GELÖSCHT



Dieses Gedicht haben Sie unter dem Nick "Heifüsch" in Politikforen.net eingesetzt.In einem braunen Forum passt dieses auch hinein. HIER NICHT!

Der Freitag schrieb dazu

Politikforen.net–Wo Rassismus/ Judenhass tobt

https://www.freitag.de/autoren/menschenz...-judenhass-tobt



---


"Die Kröte hat einen schlechten Leumund." >&´)


zuletzt bearbeitet 21.02.2018 11:23 | nach oben springen

Moderations-Kommentar:
Seien Sie besonnener mit dem, was Sie hier einstellen. Ich meine damit, dass Sie Ihre versuchten Provokationen unterlassen sollen.
#9

RE: Gedichte

in Gedichte 18.10.2017 21:19
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Bin mir nicht sicher, wer von den beiden Hannes Wader oder Reinhard Mey diesen Text zuerst verfasst und gesungen hat:

Weit in der Champagne im Mittsommergrün,
dort, wo zwischen Grabkreuzen Mohnblumen blühn,
da flüstern die Gräser und wiegen sich leicht
im Wind, der sanft über das Gräberfeld streicht.
Auf deinem Kreuz finde ich, toter Soldat,
deinen Namen nicht, nur Ziffern, und jemand hat
die Zahl neunzehnhundertundsechzehn gemalt,
und du warst nicht einmal neunzehn Jahre'alt.

Ja, auch dich haben sie schon genauso belogen,
so wie sie es mit uns heute immer noch tun.
Und du hast ihnen alles gegeben - deine Kraft, deine Jugend, dein Leben.


Hast du, toter Soldat, mal ein Mädchen geliebt?
Sicher nicht, denn nur dort, wo es Frieden gibt,
können Zärtlichkeit und Vertrauen gedeihn.
Warst Soldat, um zu sterben, nicht um jung zu sein.
Vielleicht dachtest du dir, ich falle schon bald,
nehme mir mein Vergnügen, wie es kommt, mit Gewalt.
Dazu warst du entschlossen, hast dich aber dann
vor dir selber geschämt und es doch nie getan.

Ja, auch dich haben sie schon genauso belogen ...

Soldat, gingst du gläubig und gern in den Tod?
Oder hast du, verzweifelt, verbittert, verroht,
deinen wirklichen Feind nicht erkannt bis zum Schluß?
Ich hoffe, es traf dich ein sauberer Schuß.
Oder hat ein Geschoß dir die Glieder zerfetzt?
Hast du nach deiner Mutter geschrien bis zuletzt,
bist du auf deinen Beinstümpfen weitergerannt,
und dein Grab, birgt es mehr als ein Bein, eine Hand?

Ja, auch dich haben sie schon genauso belogen ...

Es blieb nur das Kreuz als einzige Spur
von deinem Leben, doch hör meinen Schwur,
für den Frieden zu kämpfen und wachsam zu sein.
Fällt die Menschheit noch einmal auf Lügen herein,
dann kann es geschehn, daß bald niemand mehr lebt,
niemand, der die Milliarden von Toten begräbt.
Doch längst finden sich mehr und mehr Menschen bereit,
diesen Krieg zu verhindern, es ist an der Zeit.


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#10

RE: Gedichte

in Gedichte 18.10.2017 21:24
von Till (gelöscht)
avatar

Zickezacke
Hühnerkacke

Dicki Hoppenstedt


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#11

RE: Gedichte

in Gedichte 18.10.2017 21:26
von Anthea | 12.404 Beiträge

Hallo denker_1, es ist von Hannes Wader.

"Orientiert am Text des vom schottisch-australischen Singer-Songwriter Eric Bogle (geb. 1944) komponierten Liedes No Man’s Land, schrieb Hannes Wader (geb. 1942) das Lied Es ist an der Zeit. Bogle hatte 1976 eine Tournee durch in Frankreich unternommen. Tief bewegt nach einem Besuch der Soldatenfriedhöfe in Nordfrankreich und Flandern, verfasste er das auch unter The Green Fields of France bekannt gewordene Lied": Deutsche Lieder, Klassiker des Antikriegsliedes


Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
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#12

RE: Gedichte

in Gedichte 18.10.2017 22:28
von Martin | 343 Beiträge

Zitat von Martin im Beitrag #8
Nicht übel! >8´)

Gleich mal testen, wie weit man hier mit der Freiheit der Kunst gehen kann. Vorsicht...! >x´)

GELÖSCHT



Dieses Gedicht haben Sie unter dem Nick "Heifüsch" in Politikforen.net eingesetzt.In einem braunen Forum passt dieses auch hinein. HIER NICHT!

Der Freitag schrieb dazu

Politikforen.net–Wo Rassismus/ Judenhass tobt

https://www.freitag.de/autoren/menschenz...-judenhass-tobt


---



Der Freitag hat mein Gedicht rezensiert? Wo ist der Link? Schnell! >%´)

Aber keine Sorge, auf dem HPF verkehren auch Linke und Liberale und sogar Muslime, Juden und Katholiken. Und auch Schwulenhasser und obskure Rechtsunten-Subjekte, doch auch denen muß man sich stellen und sich nicht wie Sie im eigenen Echoraum verbarrikadieren. Aber hat Ihnen mein Gedicht nicht zugesagt? Ich kann´s ändern, machen Sie mir nen Vorschlag... >8´ )


"Die Kröte hat einen schlechten Leumund." >&´)


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#13

RE: Gedichte

in Gedichte 19.10.2017 17:54
von MaMi (gelöscht)
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ÜBERALL TÖTEN GOLDENE PFEILE
den Sommer. Die Luft
trägt aufgelöstes Leid,
wie das Blut Gifte.

Alles - Flügel, Blüten,
Licht - geht auf Reisen.
Welch´ trauriges Scheiden!
Ins Meer mündet das Herz.

Fieberschauer und Tränen.
- Wohin geht ihr? Wo seid ihr?
Ein Fragen ist in allen Dingen.
Nichts und niemand weiß Bescheid ...
Juan Ramón Jiménez


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#14

RE: Gedichte

in Gedichte 20.10.2017 13:41
von Anthea | 12.404 Beiträge

Ich mag auch Elizabeth Barrett-Browning sehr. Hier eines von Rainer Maria Rilke übersetztes:

Und wenn ich alles für dich lasse: kannst
du alles werden? Hab ich dir verglichen
Gespräch und Segen und den heimatlichen
für alle gleichen Abendkuss? Umspannst

du mich mit Fremdem? Soll in diesen Mauern
ich andere, verlassne, nie betrauern?
Und hast du irgend zärtlichen Ersatz
für Augen Toter, die an ihrem Platz

festhalten? Besser ist es, Schmerzen mit
der Liebe zu erringen; denn der Schmerz
umfasst sich selber und die Liebe, - beides.

Ach, ich bin schwer zu lieben: denn ich litt.
Willst du es trotzdem? So tu auf und leid es,
dass deine Taube flüchtet in dein Herz.


---


Jeder Tag ist der Anfang des Lebens. Jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke
nach oben springen

#15

RE: Gedichte

in Gedichte 20.10.2017 20:14
von MaMi (gelöscht)
avatar

Liebesgedicht


Kröten sitzen gern vor Mauern,
wo sie auf die Falter lauern.

Falter sitzen gern an Wänden,
wo sie dann in Kröten enden.

So du, so ich, so wir.
Nur – wer ist welches Tier?




Robert Gernhardt


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