Oh, Gott sei Dank! Endlich angekommen, nach endloser Sucherei und Fragerei. Kann ich noch ein Zimmer haben oder sind etwa alle Zimmer schon vergeben. Morgen dann besichtige ich erst mal die Burg, aber heute kann ich die zugegebenermaßen wunderbare Aussicht gar nicht mehr genießen, ich will nur noch ins Bett. Aber wo bleibt denn der Rezeptioner. Ich bin müde, ich will ein Zimmer und an der Rezeption ist neimand. Was soll ich bloß machen?

Mehrmals drückte er die Tischklingel, und zuletzt hatte es fast den Anschein, dass er seiner Wut, die langsam in ihm Aufstieg, freien Lauf ließ, indem er mit der rechten Faust - wobei er Hochrot im Gesicht anlief, was einen Anwesenden hätte auffallen müssen, sofern ihn jemand dabei beobachtete - auf die unschuldige Klingel einzuschlagen drohte. Er wollte eben zu einem entscheidenden Faustschlag gegen die Tischklingel, um seinen inneren Ärger über diesen miserabeln Service Luft zu verschaffen, ausholen, als eine Stimme, die aus einem der hinteren Räume zu kommen schien, ganz leise und heißer, ja fast schon schüchtern erklang: "Einen Moment, mein Herr. Ich bin gleich bei Ihnen".

Nachdem er seinen riesigen, metallernen Zimmerschlüssel übernommen hatte, machte er sich auf den Weg durch die beinah labyrinthartigen, von Kerzen sanft erleuchteten Gänge der Burg. Das Zimmer aufgesperrt, durch die schwere knarzende Holztür eingetreten, so setzte er sich von den Reisestrapazen sichtlich ermattet glücklich auf Bett.
Er spürte, wie die Last des Tages langsam von ihm abfiel, registrierte am Rande noch den Baldachin seines Himmelbettes und entschlummerte glücklich in das Reich der Träume. Hier verfolgten ihn Rapunzel, Rumpelstielzchen, Ritter, holde Maiden und noch einige andere Fabelwesen...

"Was mache ich heute?" fragte er sich. Er entschloß siich dann, nach New York zu fliegen und kurz, nachdem der Landeanflug begonnen hätte, Reklamezettel für Begräbnisinstitute an die Passagiere zu verteilen.

Den meisten Passagieren hatte er seine Begräbnisinstituts-Flyer einfach nur so in die Hand gedrückt, ohne Menschen wirklich anzusehen. Ein Geraune begann sich anzuheben bis schließlich ein Passagier schreiend zur Flugbegleiterin lief und rief: "Hilfe! Ich bin in einer Zeitschleife gefangen. Das Gleiche passierte mir schon auf American-Airlines-Flug 11 am 11. September." Irgendwie kam ihm seine Tätigkeit gerade absolut obsolet vor. Wofür sollte er nun hier Flyer für Begräbnisintitute verteilen, wo hier doch alles ohnehin bald zu einem fliegenen Krematorium zu werden drohte.
Wo war eigentlich King Kong, wenn man ihn wirklich mal brauchte? Irgendjemand müsste sich jetzt schon mal der Feinstaubfrage annehmen.

Freudiger Erwartung und leicht beschickert vom erstaunlich leckeren Whiskey sank er langsam ins Reich der Träume. Plötzlich schreckte er aus seinem Traum auf. Seit wann bekam man auf einem Transatlantikflug mit einer US-amerikanischen Airline eigentlich einen Lagavulin zu trinken? Und irgendwie wurden seine Gedanken immer wirrer... Who the f*** ist denn eigentlich der Erzähler, der mich immer nur "ER" nennt? Habe ich denn keinen Namen? In seinner Verwirrung bestellte er erneut einen von diesen leckeren Whiskeys... und entschlummerte wieder sanft.

... oder versuchte es zumindest, bis Frederic, der doch ganz nett anzusehende Steward, von den Turbulenzen aus dem Gleichgewicht gebracht wurde, und ihm auf den Schoß fiel. "Oooops." Und riechen tut der schnuckelige Steward auch noch ganz gut, dachte er bei sich, als er merkte wie Fredric ihm ganz tief in Augen sah. Was wollte er doch gleich noch sagen?

Frederic... Ja Frederic... hm? Lecker! "Wie soll ich das die verbleibenden drei Stunden bis zur Landung in München aushalten?" nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. Denk was anderes, denk was anderes... rosa Elefanten, rosa Elefanten,... versuchte er sich selbst wieder auf den Boden der Tatsachen zu bringen. Wie er sich ein wenig beruhigt hatte, merkte er, dass er absolut hin und her gerissen war, denn er war ebenso voller Erwartung, die engelhafte Empfangschefin wieder durch die Burg schweben zu sehen. Oh ja - und diese Erotik in ihrer Stimme... Bei diesem Gedanken konnte er umgehend zum brünftigen Hirschen werden.