#1

Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 03.08.2021 12:08
von Anthea | 12.405 Beiträge

Vormals hieß sie "Burnout" und galt zu Beginn der Frage nach ihrem Ursprung und der Analyse der Symptome als eine "Krankheit der gestressten Manager". Die quasi unter der Last der Vermehrung ihres Kontos schier zusammenbrechen unter der Frage: Was mach ich nur mit dem vielen Geld.
Das sagen sie SO ja nicht, sondern sie nennen es "Verantwortung". Gibt es auch, mal so, mal so. Auf jeden Fall hörte man, dass diese Spezies von Managern und Entscheidungsträgern häufig zu Medikamenten griff und sich total "ausgepowert" fühlte.

Dann jedoch machte sich dieses Phänomen auch unter ganz normalen Arbeitnehmern breit. Somit war es keine Exklusivkrankheit der "Oberen" mehr. Die Gründe für ihr Burnout lag allerdings im täglichen Arbeitskampf. Volle Schreibtische, die mit den Arbeitnehmern unter der Last der zu erledigenden Aufgaben schier zusammenbrachen. Hier war es dann oft das "Hamsterrad" als Grund für den "Zusammenbruch". Und das Anspruchsdenken anderer an die Fähigkeiten. Leistungsgesellschaft. Ohne Fleiß, kein Preis. Von nichts kommt nichts.

Aber zu wenig Arbeit ist auch nichts. In in den Zeiten der Krise und des Lockdowns waren viele Menschen zur Untätigkeit verdammt. Schon kam ein anderes "Missempfinden" auf. Und jetzt heißt es "Depression". Der Pillenkonsum stieg und steigt an.

Schon unsere Altvorderen litten unter dieser Krankheit. Sie hieß nur anders. Da sprach man von "Schwermütigkeit". Aber es war das gleiche.

Ein Werbespruch von Fishermans friends: Sind sie zu stark, bist zu zu schwach.
Ist dieses Burnout oder Depression nicht vorzugsweise eine Krankheit unserer Wohlstandsgesellschaft? Menschen in armen Ländern haben in ihrem täglichen Überlebenskampf wohl meistens gar keine Zeit für diese Krankheit. Sie nennen es Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit.

PS: Ich kam zu diesen Betrachtungen, weil ich heute in den Nachrichten einen kurzen Vermerk über den Anstieg der "neurologischen Krankheiten" aufgrund der Corona-Krise hörte.

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi


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#2

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 03.08.2021 16:04
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Vollkommen egal wie man diese Misstimmung dann nennt. Wenn die so schlimm wird, dass nur noch Arzt oder Psychologe helfen können, dann ist das ohne Wenn und Aber als Krankheit anzuerkennen und auf Kosten der Krankenversicherung zu behandeln.

Wie war denn das im Krieg? Waren da die Menschen etwa immer toll drauf?

Kann ich mir nicht vorstellen wenn zum Beispiel eine Mutter ihren Sohn in den Krieg ziehen sieht und er nicht mehr davon zurückkommt. Erst mal bis hierhin völlig egal wie diese Mutter zu diesem Österreicher Despoten gestanden hat. Vielleicht hat das ja gar so machche Mutter die zu Anfang auch mit Fähnchen da gestanden hat um Hitler zuzuwinken, zum Umdenken bewegt. Aber dann isses natürlich zu spät. Und für die Russen ist die dann einfach die Mutter von so einem Dreckschein, das in Russland die Frauen vergewaltigt hat. Oder an Massakern gegen Zivilisten teil genommen hat.Ich kann diese Russen nur zu gut verstehen. Aber wer dann kapiert hat wer Hitler wirklich war, für den/die könnte dieses Erwachen auch einiges an Trauma ausgelöst haben. Oder eben eine richtig fette Depression, weil alles woran man da geglaubt hat eine einzige Lüge war.


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#3

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 03.08.2021 17:57
von si tacuisses | 146 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #1
Ist dieses Burnout oder Depression nicht vorzugsweise eine Krankheit unserer Wohlstandsgesellschaft? Menschen in armen Ländern haben in ihrem täglichen Überlebenskampf wohl meistens gar keine Zeit für diese Krankheit. Sie nennen es Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit


was aber nichts an an der krankheit ändert

ich find es nicht besonders amüsant, sich über psychisch kranke lustig zu machen


ridentem dicere verum


SirPorthos hat sich bedankt!
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#4

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 03.08.2021 18:26
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von si tacuisses im Beitrag #3
Zitat von Anthea im Beitrag #1
Ist dieses Burnout oder Depression nicht vorzugsweise eine Krankheit unserer Wohlstandsgesellschaft? Menschen in armen Ländern haben in ihrem täglichen Überlebenskampf wohl meistens gar keine Zeit für diese Krankheit. Sie nennen es Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit


was aber nichts an an der krankheit ändert

ich find es nicht besonders amüsant, sich über psychisch kranke lustig zu machen


Moin !

Danke für diesen Beitrag.

Als ich noch jung war, glaubte ich nicht an die Existenz von Burnout. Ich dachte, es sei eine Spinnerei.

Bis es einen meiner Kollegen und auch mich erwischte. Wir waren zusammen in einem sehr arbeitsintensiven Projekt. Es ist zwar nicht erlaubt arbeitsrechtlich aber, wir hatten 12-Stunden Tage. Trotz unserer Arbeit, die wirklich gut war, kam das Projekt mehr und mehr in Schieflage. Mein Kollege sah von Tag zu Tag schlechter aus. Abends in der Bar fragte ich ihn, was los sei. Er meinte nur: "Ich kann nicht mehr". Da ich ihn seit 25 Jahren kenne und ihn sehr schätze, habe ich ihm empfohlen, sich bei seinem Hausarzt zu melden. Ich sah ihn danach über ein halbes Jahr nicht wieder.

Als er wieder im Dienst war, erwischte es mich. Dieselben Symptome. Und diesesmal riet er mir, zum Arzt zu gehen. Danach war ich ein halbes Jahr weg.

Mein Arzt sagte, ich hätte "Burnout". Ich fragte, ob es Medikamente dagegen gäbe. Er verneinte es.

Ich habe dazu gelernt und mache mich darüber nie wieder lustig.

Alles Gute aus dem alten Land !


Imperare sibi maximum bellum est
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#5

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 03.08.2021 20:09
von Anthea | 12.405 Beiträge

Zitat von si tacuisses im Beitrag #3
Zitat von Anthea im Beitrag #1
Ist dieses Burnout oder Depression nicht vorzugsweise eine Krankheit unserer Wohlstandsgesellschaft? Menschen in armen Ländern haben in ihrem täglichen Überlebenskampf wohl meistens gar keine Zeit für diese Krankheit. Sie nennen es Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit


was aber nichts an an der krankheit ändert

ich find es nicht besonders amüsant, sich über psychisch kranke lustig zu machen


Wo mache ich mich lustig? Das ist sicherlich nicht meine Absicht.
Wenn du etwas von meinen Aussagen jenseits der Ernsthaftigkeit einordnest, dann sag bitte WO das sein soll
Im häuslichen Umfeld habe ich selbst schon als Kind die Auswirkungen von wirklicher Depression gesehen. Und später...
Deshalb mache ich mich nie und nimmer über wirklich Kranke jeglicher Art in irgendeiner Weise lustig.

Jedoch bin ich der Meinung, dass zu schnell von "Depression" gesprochen wird. Das Neueste sind jetzt die Kinder, die darunter leiden sollen, weil sie die Begrenzungen resp. Einschränkungen eines Lockdown "ertragen" mussten.
Das finde ich übertrieben.

---


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Mahatma Gandhi


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#6

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 00:13
von Atue (gelöscht)
avatar

Meine Erfahrungen mit Burnout sind eher dergestalt, dass es zwar gerne in Verbindung mit der Arbeit genannt wird, aber immer häufiger auch diagnostiziert wird, wenn die Ursache eindeutig nicht in der Arbeitswelt liegen, sondern sehr sicher im privaten Umfeld zu suchen sind.

Anfänglich hat mich das überrascht, klang doch Burnout genau so als Antwort auf die doch so harte Arbeitswelt.

Allerdings ist es halt so, dass die Belastungen in der Arbeitswelt heute in vielerlei Hinsicht eher niedriger sind als noch vor 50, 75, 100 Jahren. Und es gilt auch, dass in vielen Gegenden der Welt die Bedingungen schlechter sind als ausgerechnet in den hochtechnisierten industrialisierten Ländern.

Ich habe keine Ahnung, was konkret Burnout auslöst, und wie man es vermeiden kann. Ich erwarte und vermute allerdings, dass die durchtechnisierte und gleichzeitig sehr freie Welt mit tausenden Möglichkeiten mit eine Ursache ist - fast so, als wenn man einfach von der Fülle der Möglichkeiten erschlagen würde, die ja einher geht damit, dass man gleichzeitig bei einer Fokussierung auf das eine oder das andere doch nur scheinbar nicht wirklich seine Möglichkeiten ausschöpft.....bei dann schon übersteigertem fast krankhaftem Ehrgeiz versagt man vor sich selbst und seinen eigenen Ansprüchen.....und die Gegenreaktion ist dann das Gefühl, dass man eigentlich gar nichts mehr anfangen will, weil es sowieso nicht sinnvoll erscheint.
Behandlung von Burnout gehen häufig auch in eine Richtung, die diesen Phänomenen klar entgegentritt. Klar durchstrukturierte Tage, Wochen und Monate, die klare Orientierung geben, bei gleichzeitiger Vermeidung von Überforderungssituationen. Parallel dazu ein intensives Beschäftigen mit sich selbst und dem Versuch, Körper, Geist und Seele wieder zu so etwas wie einem Einklang zu bringen.

Ich nehme Burnout sehr ernst - habe auch schon mehrere Menschen regelrecht daran zerbrechen gesehen. Doch gerade im Arbeitsumfeld habe ich starke Zweifel, dass man Maßnahmen findet, die ernsthaft Burnout vermeiden werden.



moorhuhn hat sich bedankt!
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#7

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 17:17
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #5
Jedoch bin ich der Meinung, dass zu schnell von "Depression" gesprochen wird. Das Neueste sind jetzt die Kinder, die darunter leiden sollen, weil sie die Begrenzungen resp. Einschränkungen eines Lockdown "ertragen" mussten.
Das finde ich übertrieben.



Was genau ist jetzt übertrieben? Die Begrifflichkeit oder die Symptomatik, die Merkmale einer Depression aufweist?
Sicher ist eine Depression im engeren Sinne eine psychische Krankheit, die nicht nur von äußeren (Krisen)faktoren abhängig ist sondern auch einige biogenetische Parameter umfasst.
Dennoch kann beim derzeitigen psychischen Corona- Kollateralschaden getrost von depressiven Schüben gesprochen werden, die anders als bei reiner Depression vermeidbar gewesen wären und übrigens immer noch vermeidbar sind, würde man endlich die Kinder in Ruhe lassen und sie nicht für allgemeine Drohgebärden instrumentalisieren.
Zu keiner Zeit waren Kinder und Jugendliche einer lebensgefährlichen Bedrohung durch Corona ausgesetzt. Dazu gibt es zahlreiche Studien, teilweise schon im März 2020 erhoben.
Die Auswertung der Diskrepanz von "Schutzmaßnahmen" und ihrer psychosozialen Wirkung auf Dauer tritt nun zutage und zwar erheblich heftiger und ernsthafter als durchgemachte Covidinfektionen.

Zitat von Anthea im Beitrag #5
Wenn du etwas von meinen Aussagen jenseits der Ernsthaftigkeit einordnest, dann sag bitte WO das sein soll


Du machst dich nicht lustig, aber du bagatellisierst, was automatisch ein Problem als weniger ernsthaft einstuft. Kinder mussten "ertragen", Depressionen sind Krankheiten der Wohlstandsgesellschaft usw.- durchweg ein Duktus, der das Problem in eine Ecke rückt, aus der man entkommt, "wenn man sich ein bisschen zusammenreißt".

Zitat von Anthea im Beitrag #5
Menschen in armen Ländern haben in ihrem täglichen Überlebenskampf wohl meistens gar keine Zeit für diese Krankheit. Sie nennen es Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit


Menschen in Wohlstandsgesellschaften haben auch oft "keine Zeit", weil sie in einem Hamsterrad stecken und permanent vermittelt bekommen, wenn du schlapp machst, steht schon der nächste vor deinem Arbeitsplatz.
Es macht keinen Unterschied, aus welchen Bedingungen heraus psychische Ausfälle entstehen, wenn sie da sind, haben Betroffene das Recht, dass man sie ernst nimmt.
Und da bin ich auch schon wieder bei Corona-Schelte, wir sind drauf und dran, jedweden ganzheitlichen Gesundheitsansatz diesem Virus zu opfern, obwohl eindeutig belegt ist, dass insbesondere soziale Isolation, persönliche Existenzängste und psychischer Druck krank machen!


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#8

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 18:01
von Anthea | 12.405 Beiträge

Ja, moorhuhn, ich finde es vielfach übertrieben, wenn z.B. bei quengelnden Gören, die nichts mit sich anfangen können und rein fixiert sind auf etwas, das sie nicht haben, direkt als "depressiv" abgestempelt werden. Und dann kommt der Tag X, Ende irgendeiner Einschränkung, wo es dann heißt: Und jetzt ist die Welt wieder in Ordnung. Weil das Kind sich wieder "normal" verhält.

Und ich finde , dass es durchaus und vielfach ein Problem unserer Wohlstandsgesellschaft ist. Auch, weil es zu viel von allem gibt. Menschen haben verlernt, sich zu bescheiden und wirklich zu freuen.
In ärmeren Ländern, wo die Menschen um ihre Lebensgrundlagen kämpfen und dafür schuften, sind sie "erschöpft". Ich glaube nicht, dass da von "depressiv" gesprochen wird. Sind denn Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit gleich als Krankheit zu betrachten?

Wenn trübes Wetter ist, dann bin ich z.B. mental anders als bei Sonnenschein. Trübe Stimmungslage. Aber manche sagen direkt: Ich habe eine Depression und greifen zu Tranquilizern. Und das ist ein sich gehen lassen. Manchmal muss man sich auch selbst in den Allerwertesten treten.

---


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Mahatma Gandhi


Urmel findet das Top
zuletzt bearbeitet 04.08.2021 18:01 | nach oben springen

#9

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 18:10
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Zitat von Atue im Beitrag #6
Behandlung von Burnout gehen häufig auch in eine Richtung, die diesen Phänomenen klar entgegentritt. Klar durchstrukturierte Tage, Wochen und Monate, die klare Orientierung geben, bei gleichzeitiger Vermeidung von Überforderungssituationen. Parallel dazu ein intensives Beschäftigen mit sich selbst und dem Versuch, Körper, Geist und Seele wieder zu so etwas wie einem Einklang zu bringen.



Das ist richtig und zur Ergänzung möchte ich noch eine elementare Grundeinsicht erwähnen, ohne die kein einziges Therapiekonzept funktioniert: Sie dürfen krank sein!

Dies war meine erste Lektion vor 4 Jahren und hat eine Auseinandersetzung mit einer anerzogenen, gesellschaftlich verfestigten Mentalität eröffnet.
Egal, wie technischer, medizinischer und auch politischer Fortschritt seit Kriegsende vorangeschritten ist, an deutsche Tugenden wie Disziplin, Pflichtbewusstsein und Gründlichkeit ohne Abstriche kommt keine Luft ran. Man hat zu funktionieren um den Wohlstand zu bewahren und stetig weiter auszubauen.
Gebrochene Gliedmaßen, Tumore und Herzinfarkt sind anerkannte Leiden, deren Wertschätzung niemand in Frage stellt, wenn es um Einschränkung der Arbeitskraft geht.
Psychische Ausfälle haben auch heute noch den Anstrich von "hausgemachter" Schwäche, von mangelnder Willenskraft bis hin zu Schmarotzertum, wir bekämpfen Drogenkonsum, indem wir die Verteiler kriminalisieren, die Steuern erhöhen und Schockbilder auf Zigarettenschachteln verbreiten. Gut, kann man alles machen, das Problem löst sich damit aber nicht, weil Symptombekämpfung noch nie der richtige Ansatz war.
Die Tatsache, dass auch intelligente gesundheitsbewusste Menschen, Kinder und "Gutbetuchte" in der Depression, in Angststörungen und Drogensucht landen, ist grundlegend einer Leistungsgesellschaft geschuldet, die ein Abweichen von diesem Kurs unter Strafe stellt, bzw. den Menschen dieses Gefühl gibt.
Am schlimmsten finde ich aber, dass bei der Überwindung solcher Strukturen auch wieder nur die Erfolg haben werden, die es sich leisten können.
Mein Beispiel oder das der überforderten Manager ist nicht repräsentativ, auch wenn ich mein Privatleben sehr genügsam und minimalistisch ausgerichtet habe und beruflich kürzer getreten bin, brauche ich nie Angst haben, meine Miete nicht mehr bezahlen zu können, kann mich gesund ernähren, ohne den Euro dreimal umzudrehen und behalte meinen Job.


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#10

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 18:44
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Mei, Anthea, das sind mir zu viele Klischees und generationsbedingte Vorurteile.

Zitat von Anthea im Beitrag #8
wenn z.B. bei quengelnden Gören, die nichts mit sich anfangen können und rein fixiert sind auf etwas, das sie nicht haben, direkt als "depressiv" abgestempelt werden. Und dann kommt der Tag X, Ende irgendeiner Einschränkung, wo es dann heißt: Und jetzt ist die Welt wieder in Ordnung. Weil das Kind sich wieder "normal" verhält.


Das ist doch Küchenpsychologie und hat auch was mit mangelnder Empathie und schlichtweg Ignoranz zu tun.
Schon aus reinem Selbstschutz bin ich die Letzte, die kindliche Langeweile überbewertet. Dennoch kann man die letzten Monate nicht als normale Lebenssituation hinstellen. Besonders jüngere Kinder, die über Wochen zu Hause hockten, weder sportlich noch anderweitig kreativ in der Gemeinschaft aktiv sein konnten, entwickeln eben Ausfallerscheinungen in Form von Quengeln, die Größeren werden aggressiv oder ziehen sich zurück. Das hat was mit Entwicklungspsychologie und mit ganz simplen sozialen Prozessen zu tun.
Woher weißt du denn, dass nach Ende der Einschränkungen die Welt wieder in Ordnung ist? Das nimmst du an, weil du zu kindlichen Welten gar keinen Zugang mehr hast- Eltern, Ärzte, Lehrer aber schon.

Zitat von Anthea im Beitrag #8
Und ich finde , dass es durchaus und vielfach ein Problem unserer Wohlstandsgesellschaft ist. Auch, weil es zu viel von allem gibt. Menschen haben verlernt, sich zu bescheiden und wirklich zu freuen.


Das ist schon richtig, aber jedem Lernprozess geht ein "Lehrprozess" voraus und der war/ist darauf ausgerichtet, dass "Schneller-Höher- Weiter" die anerkannte gesellschaftliche Maxime ist. Wie geschrieben, wohl dem, der ein Burnout auch finanziell überwindet, indem er wieder lernt, sich zu bescheiden, sich zu freuen, gesundheitlich wertvolle Prioritäten setzen KANN und dennoch ein würdevolles Dasein führen kann- wären wir wieder beim bedingungslosen Grundeinkommen.

Zitat von Anthea im Beitrag #8
Sind denn Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit gleich als Krankheit zu betrachten?


Unbedingt! Nur dann erfährt ein solcher Zustand Beachtung. Die Definition von "Gesundheit" erschöpft sich nun mal nicht in der Abwesenheit von Viren, Bakterien oder gebrochenen Gliedmaßen, im Gegenteil, alles, was unser Wohlbefinden einschränkt, ist ungesund und damit krank. Letztlich hängen Körper und Geist so eng zusammen, dass Symptome wie Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit immer auch Auslöser für organische Krankheiten sind bzw. sein können.
Deine Erfahrungen mit dem Wetter kannst du auch nicht 1:1 auf andere, dir fremde Gemütszustände übertragen, wer Tranquilizer einnimmt, muss die erst mal vom Arzt verschrieben bekommen. In der Regel sind das dann die, die einfach mal wieder durchschlafen wollen, aus welchem Grund auch immer.


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#11

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 19:09
von Anthea | 12.405 Beiträge

Ich rede nicht so dahin, sondern hinter meinen Behauptungen steckt ein Großteil an Erfahrungen.
Ich bleibe dabei, die "lieben Kleinen" werden viel zu sehr "gepampert".
Mir mangelnde Empathie und Ignoranz vorzuwerfen ist total daneben. Aber so was von...

Wenn ich von der "Welt, die wieder in Ordnung ist", schrieb, dann meinte ich damit die Reaktion der Eltern, die die "wundersame Spontanheilung" ihrer Sprösslinge so kommentierten.
Manche Dinge erledigen sich von alleine.

"Zustände" sollten natürlich Beachtung finden, wenn Menschen unter irgendwelchen zu verbessernden Bedingungen unglücklich sind. Aber deswegen sind die nicht alle jetzt "depressiv" zu nennen.

Und wenn ich ein Beispiel bringe, dann ist dies natürlich nur ein solches und nicht für alles und auf andere übertragbar.

PS: Da ich ursprünglich Medizin studieren wollte (alternativ Jura) war dieser Bereich schon immer eines meiner Interessensgebiete. Speziell der Bereich Psychologie!
Aber das nur am Rande.

---


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Mahatma Gandhi


Urmel hat sich bedankt!
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#12

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 19:27
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #11
Ich rede nicht so dahin, sondern hinter meinen Behauptungen steckt ein Großteil an Erfahrungen.

Zitat von Anthea im Beitrag #11
Wenn ich von der "Welt, die wieder in Ordnung ist", schrieb, dann meinte ich damit die Reaktion der Eltern, die die "wundersame Spontanheilung" ihrer Sprösslinge so kommentierten.
Manche Dinge erledigen sich von alleine.



Das kann schon sein, aber im Zusammenhang mit der aktuellen Situation würde ich da schon gerne mal belegte Äußerungen im entsprechenden Kontext lesen.
Wir neigen alle dazu, Situationen zu verallgemeinern und eben auch zu bagatellisieren, das ist derzeit aber nicht angebracht.
Ich werde nicht müde, uralte Diskussionen in diesem Forum über Familien und staatliche Einmischung in Sorgerechtsangelegenheiten zu erwähnen, die meist darin gipfelten, dass der Staat unbedingt eine tragende Verantwortung hat und sich elementar in Sorge und Erziehung einmischen muss.
Das, was wir erlebt haben und momentan bis zum Exzess getrieben wird, ist in Summe staatliche Kindswohlverletzung. Und Eltern sind erst recht überfordert, weil man sie mit Kinderimpfungen, Lockdowndrohungen und Kinderspreadern in die Enge treibt.
Wenn du so viel von Psychologie verstehst, sollten dir die Zusammenhänge eigentlich klar sein und vor allem sollten jegliche Bewertungen in Richtung " Übertrieben, Gepampert und Quengele" tabu sein.


Der frühe Vogel kann mich mal !


zuletzt bearbeitet 04.08.2021 19:27 | nach oben springen

#13

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 19:47
von Anthea | 12.405 Beiträge

Zitat von moorhuhn im Beitrag #12
Wenn ich von der "Welt, die wieder in Ordnung ist", schrieb, dann meinte ich damit die Reaktion der Eltern, die die "wundersame Spontanheilung" ihrer Sprösslinge so kommentierten.Manche Dinge erledigen sich von alleine.

Das kann schon sein, aber im Zusammenhang mit der aktuellen Situation würde ich da schon gerne mal belegte Äußerungen im entsprechenden Kontext lesen.Wir neigen alle dazu, Situationen zu verallgemeinern und eben auch zu bagatellisieren, das ist derzeit aber nicht angebracht.


Ich verallgemeinere sicherlich nicht, sondern habe aus diversen! eigen gemachten Erfahrungen und Beobachtungen berichtet. Das kannst du so glauben, wie ich es darstellte, oder nicht.

Die wirkliche Krankheit "Depression" ist sehr ernst zu nehmen und nichts liegt mir ferner, als diese herunterzureden.
Aber ich kann nicht allem folgen, was eine "Depression" sein soll. Schon gar nicht, wenn es sich um die so arg gestressten "lieben Kleinen" handelt.

---


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Mahatma Gandhi


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#14

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 20:03
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #13
ch verallgemeinere sicherlich nicht, sondern habe aus diversen! eigen gemachten Erfahrungen und Beobachtungen berichtet. Das kannst du so glauben, wie ich es darstellte, oder nicht.

Die wirkliche Krankheit "Depression" ist sehr ernst zu nehmen und nichts liegt mir ferner, als diese herunterzureden.


Doch, das tust du aber, weil dir schlichtweg die Fakten und Zusammenhänge zu Symptomüberschneidungen bei Depressionen und anderen psychischen Krankheiten nicht bekannt sind.
Das ist erstmal nicht verwerflich, allerdings sollte man sich dann Bewertungen "diverser" Erfahrungen auch verkneifen. Von den "gestressten lieben Kleinen" zu reden, ist doch auch schon wieder ein abwertendes Vorurteil, was keiner klinischen Prüfung stand hält
Du wirst mich hier nicht umstimmen, weil meine ganze Familie mehr oder weniger "ernst" von Depris betroffen ist und in 10 Jahren im schulpsychologischen Notdienst ein bisschen mehr als Küchenpsychologie gefragt war.


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Anonymer Gutmensch findet das Top
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#15

RE: Die neue alte Krankheit?

in Medizin und Psychologie 04.08.2021 20:10
von Anthea | 12.405 Beiträge

Du wirst auch mich nicht umstimmen.
Manche Dinge werden derart aufgebauscht - was die "lieben Kleinen" anbelangt, dass man das nur ironisch kommentieren kann.
Es ist im Übrigen nicht mein Ding, persönliche Erfahrungen breit zu treten.

---


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Mahatma Gandhi


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