#1

Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 10:10
von Anthea | 12.406 Beiträge

„Das Bundesverfassungsgericht hat Vorschriften des deutschen Wahlrechts gekippt, nach denen bestimmte Gruppen von Behinderten vom Wahlrecht ausgeschlossen waren.

Konkret ging es in dem Beschluss aus Karlsruhe um Behinderte, denen dauerhaft ein Betreuer zur Besorgung aller Angelegenheiten zur Seite gestellt worden war. Sie waren nach dem Bundeswahlgesetz bisher vom Wahlrecht ausgeschlossen. Das gleiche galt für solche Menschen, die sich in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, weil sie eine Straftat begangen haben, dabei aber schuldunfähig waren und deshalb nicht ins Gefängnis kamen. Auch ihnen darf nicht pauschal das Wahlrecht aberkannt werden.“ Tagesschau

Allerdings, wie es heißt, sollen dennoch nach Prüfung, Menschen von der Wahl ausgeschlossen werden können. Aber wer prüft das und wo ist die Grenze? Was meint „psychisch krank"? Zählt Autismus, Trisomie21, Demenz u.v.a. auch dazu?
Ich glaube, dass oftmals, um nur ja nicht in den Verdacht zu geraten, irgendwelchen menschenverachtenden Ideologien des 3. Reiches anzuhängen – leider gibt es diese Leute ja wieder in Form von AfDlern – und diese aufleben zu lassen, auf der anderen Seite eine Verdachtsausräumung übertrieben wird, die in den Auswirkungen kontraproduktiv ist. Und nicht sein muss. Es gibt überall und für alle Menschen Hürden irgendwelcher Art, die ihnen z.B. nicht erlauben, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. So wird wohl ein stark körperlich Eingeschränkter/Behinderten nicht als Kamimkehrer auf Dächern rumturnen dürfen. Nur mal so als Beispiel. Das wäre unverantwortlich. Und bei der Frage des Wahlrechts halte ich es auch für unverantwortlich, wenn Menschen, die z.B. auf „Betreuer“ angewiesen sind, würden wählen dürfen, da der Manipulation dieser Menschen Tür und Tor geöffnet werden kann. Denn schließlich entscheiden andere und geben vor.

Aktuell dürfen mehr als 80.000 Menschen nicht an Europa- oder Bundestagswahlen teilnehmen.
Ich bin da sehr zwiegespalten. Aber eben auch hauptsächlich wegen der „Expertisen“. Durfte ein Gustl Mollath eigentlich wählen?

Was haltet ihr von der Rücknahme des Wahlbeteiligungsverbots? Jetzt nicht mehr grundsätzlich sondern nach „Aschenputtel-Manier“ – nach Sichtung?

Der BR schreibt:

"Die Verfassungsrichter machten deutlich, „dass bei Menschen, bei denen davon auszugehen ist, "dass die Möglichkeit zur Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen dem Volk und den Staatsorganen nicht in hinreichendem Umfang besteht", ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht grundsätzlich gerechtfertigt sein kann.
Mehrere Betroffene hatten Beschwerde gegen ihren Ausschluss von der Bundestagswahl 2013 eingelegt. Nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts waren bei der Wahl 82.220 vollbetreute Menschen betroffen.“

Hier drängt sich mir auch das Thema der „Inklusion“ auf...

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi
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#2

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 13:39
von kuschelgorilla | 3.292 Beiträge

Liebe Anthea,

das Urteil lässt jetzt sicher viele Fragen offen.
Generell bin ich aber der Überzeugung, dass niemand pauschal seinen Rechten zu Wählen beschnitten werden darf. Krankheitsbilder verlaufen nicht einheitlich und sind auch nicht in gleicher Intensität ausgeprägt, so dass hier meines Erachtens eine Einzelfallentscheidung notwendig wird...

Was heißt eigentlich: ..."in hinreichendem Umfang"???


Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen sie doch bitte die anderen.
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#3

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 16:21
von Anthea | 12.406 Beiträge

Zitat von kuschelgorilla im Beitrag #2
Liebe Anthea,

das Urteil lässt jetzt sicher viele Fragen offen.
Generell bin ich aber der Überzeugung, dass niemand pauschal seinen Rechten zu Wählen beschnitten werden darf. Krankheitsbilder verlaufen nicht einheitlich und sind auch nicht in gleicher Intensität ausgeprägt, so dass hier meines Erachtens eine Einzelfallentscheidung notwendig wird...

Was heißt eigentlich: ..."in hinreichendem Umfang"???


Sehe ich anders.
Es gibt überall Beschränkungen/Einschränkungen.
Und wenn es darum geht, dass jemand sein Handeln selbst gar nicht sortieren kann, resp. einschätzen mit der daraus folgenden Tragweite, dann muss man ihm dieses Handeln versagen.
Einem Kind erlaubt man ja bis zu einem bestimmten Alter auch nicht, einen Führerschein zu erwerben. Auch wenn es auf dem heimatlichen Grundstück fahren geübt hat...Ja, ich weiß, blöder und hinkender Vergleich.

Was ich meine ist, dass es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, allen Menschen Respekt entgegen zu bringen. Aber auch wohl wissend darum, dass eben nicht alle gleich sind. Und dass es viele Menschen gibt, die Hilfe benötigen. Die man ihnen auch zuteil werden lassen sollte.
Aber im Rahmen. Denn keiner kann alles, ein vakanter Platz kann nicht durch jeden gefüllt werden.

"Fördern und fordern". Das wird eben gerade auch im Bereich der Inklusion missverstanden. Denn es darf nicht "gleichmachen" bedeuten, denn das geht nicht. Und viele Eltern, die alle natürlich das Beste für ihr Kind wollen, versuchen aus Gründen der Eitelkeit und des Prestiges für ihre Kinder etwas zu erreichen, was gar nicht erforderlich ist. Aber das ist wieder jetzt das andere Thema der Inklusion.

Im Übrigen machen mich "Einzelfallentscheidungen" etwas sehr ratlos und nachdenklich. Eben wegen der Kriterien, die zugrunde gelegt werden. Und der Personen, die diese zu treffen haben.

Mal eine Fiktion, ein Gedankenspiel: 80.000 Wähler für eine Partei zu "manipulieren"....?

---


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Mahatma Gandhi
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#4

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 17:23
von kuschelgorilla | 3.292 Beiträge

Liebe Anthea,

ich verstehe das Dilemma, das du da aufzeigst.
Richtig glücklich bin ich mit meinem Empfinden auch nicht.
Es gibt einfach viel zu viele Chancen auf Ungerechtigkeit.
Ich habe nur das Gefühl, und ich kann es nicht rational begründen, dass pauschale Ausschlüsse eher zu Ungerechtigkeiten führen werden.
Ich kann mich täuschen und würde es dann auch ohne Umschweife zugeben, aber selten hat mich bei solchen Sachen mein Gefühl im Stich gelassen...


Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen sie doch bitte die anderen.


zuletzt bearbeitet 24.02.2019 17:26 | nach oben springen

#5

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 22:31
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Wenn ich mal von meinen Lehrbüchern ausgehe, die da für den Politikunterricht besagen, " eine Demokratie muss Angriffe und Opposition aushalten", würde ich diese 80000 (vermutlich) manipulierten Stimmen in Proportion zur wahlberechtigten Bevölkerung Deutschlands als ferner liefen abhaken.
Ein Schelm, der Böses bei diesem Urteil denkt, aber vielleicht erhoffen sich die eifrigen politikgesteuerten Richter davon ja auch die Manipulation in Richtung der etablierten Volksparteien. Jeder Nichtwähler spielt den Gegnern Vorteile zu, grübel.

Und hört mir auf mit Einzelfallentscheidung, heutzutage können hilfebedürftige Menschen nicht mal im normalen Alltag umfassend und würdig betreut werden. Gerichte verhandeln derzeit Fälle von 2016/17, wer bitte soll das machen?


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#6

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 22:44
von Anthea | 12.406 Beiträge

Ja, moorhuhn, aber Kleinvieh macht eben auch Mist.
Und 80.000 Stimmen haben oder nicht....

Aber natürlich sind solche Beschlüsse der gewünschten "back to roots"-Rückwanderung in die Arme der alten Parteien geschuldet. Nach dem Motto: Wir kümmern uns um alle.... Und sind für Gleichheit!
Pieppieppiep, wir ham euch alle lieb....

---


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#7

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 22:46
von Gelöschtes Mitglied
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Ich denke, ein pragmatischer Zugang wäre, generell diese Menschengruppen wie bisher auszuschließen, aber jedem das Racht einzuräumen, mit möglichst wenig Formalie doch zur Wahl zugelassen zu werden.

All die, die ein echtes Interesse haben, sollten auch wählen dürfen.
Ein Betreuer an und für sich ist ja kein Indiz dafür, dass der Betroffene kein Interesse an Politik hat, oder unfähig wäre, seine Stimme abzugeben.
Betreuer zu haben bedeutet ja auch nicht, dass die Betreuer für den Akt des Wählens notwendig wären.

Und: Was vielleicht nicht jedem klar ist: Auch heute schon gibt es die Möglichkeit, dass nicht der Wähler selbst, sondern beispielsweise ein Angehöriger wählt - beispielsweise, weil der Betroffene klarmacht, dass der Angehörige in seinem Sinne gewählt hat! Und eventuell weil der Betroffene nicht mehr selbst einen Stift halten kann.

Ich kenne einige Fälle - und konkret teile ich nicht die Sichtweise, dass da Manipulationen ins Haus im großen Stil anstehen. Respekt vor dem Willen des Anderen sind doch auch und gerade in sozialen Berufen weitgehend verbreitet. Sicher - Missbrauch lässt sich nicht ausschließen - aber das gilt wohl immer. Menschen aber von Wahlen auszuschließen, obwohl sie wählen wollen, und auch noch ausreichend differenziert eine eigene Meinung haben - das sollte in einer Demokratie verboten sein.


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#8

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 24.02.2019 22:52
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

[quote="Anthea"|p25448]Ja, moorhuhn, aber Kleinvieh macht eben auch Mist.
Und 80.000 Stimmen haben oder nicht....

Aber natürlich sind solche Beschlüsse der gewünschten "back to roots"-Rückwanderung in die Arme der alten Parteien geschuldet. Nach dem Motto: Wir kümmern uns um alle.... Und sind für Gleichheit!
Pieppieppiep, wir ham euch alle lieb....

---
Ja, eben, deshalb sollte man diese Urteile auch nicht hinterfragen, zahlenmäßig fallen diese Stimmen kaum ins Gewicht. Ich finde eher bedenklich, dass man sie überhaupt nötig hat.


Der frühe Vogel kann mich mal !
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#9

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 08:51
von Anthea | 12.406 Beiträge

Zitat von Atue im Beitrag #7
Ich denke, ein pragmatischer Zugang wäre, generell diese Menschengruppen wie bisher auszuschließen, aber jedem das Racht einzuräumen, mit möglichst wenig Formalie doch zur Wahl zugelassen zu werden.




Ja, damit könnte ich mich anfreunden.

Ich denke auch nicht, dass große, bewusste Manipulationen ins Haus stehen würde, so dieser in Frage stehende Personenkreis wählen würde.
Aber: Ich ergehe mich jetzt mal in Fiktionen: Was wäre wenn...
Und im Grunde genommen ist nichts unmöglich gewesen im Rückblick. Ich meine, Dinge, die man sich nicht hat vorstellen können, dass sie jemals zur Realität würden werden können, die wurden es..
Also: Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen!

Und jetzt zur Fiktion: Ein neuer SciFi-Film à la The walking dead. Arbeitstitel: The Zombie Voters.
Eine räteselhafte Krankheit hat Menschen befallen, die an einem Versuch teilgenommen haben...

Da wären wir jetzt bei der Verhältnismäßigkeit der Mittel.
Wenn ein geistig Behinderter mit jemandem an seiner Seite als "Betreuer", der für ihn entscheidet - also quasi als "Berater" fungiert", auf Anraten ein Kreuz macht, dann wird das keine großen Auswirkungen haben.
Aber: Er/sie macht dieses Kreuz in der Verantwortung für Millionen anderer Bürger! Denn dieses Kreuz - fiktiv vielfach multipliziert - wird dann über Wohl und Wehe der Menschen entscheiden!

Und hier denke ich: Wehret den Anfängen.

Nochmals: Das ist alles Fiktion. Aber!


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Mahatma Gandhi
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#10

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 16:17
von kuschelgorilla | 3.292 Beiträge

Zitat von moorhuhn im Beitrag #5
...
Und hört mir auf mit Einzelfallentscheidung, heutzutage können hilfebedürftige Menschen nicht mal im normalen Alltag umfassend und würdig betreut werden. Gerichte verhandeln derzeit Fälle von 2016/17, wer bitte soll das machen?


Ich bin aus meinem Gerechtigkeitsempfinden heraus für Einzelfallentscheidungen. Aber du hast mit deinem angeführtem Beispiel nicht Unrecht. Da haben wir ein Problem. Ich fand den folgenden Vorschlag von Atue auch überdenkenswert.

Zitat von Atue im Beitrag #7
Ich denke, ein pragmatischer Zugang wäre, generell diese Menschengruppen wie bisher auszuschließen, aber jedem das Racht einzuräumen, mit möglichst wenig Formalie doch zur Wahl zugelassen zu werden.

All die, die ein echtes Interesse haben, sollten auch wählen dürfen.



Aber wenn ich den bürokartischen Aufwand sehe, der aktuell schon betrieben wird, dann wir hier wohl auch nicht mit "wenig Formalie" zu rechnen sein...
Für mich heißt das, dass wenn wir mehr Gerechtigkeit haben wollen, wir auch weniger bürokratischen Aufwand betreiben sollten.


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#11

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 17:24
von all it (gelöscht)
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Auweia, was man hier so liest, da kann man nicht die Füße still halten. Assoziationen von Aschenputtel über kotzende Pferde bis Walking Dead im Zusammenhang mit Betreuten - darauf muss man erst einmal kommen.

Im Moment gibt es bezüglich des Wahlrechts Betreuter einen Automatismus: Wer in allen Aufgabenkreisen (Gesundheit, Vermögen, Aufenthalt, Wohnung, Behördenangelegenheiten) betreut wird, verliert sein Wahlrecht; wer auch nur für einen Aufgabenkreis eigenverantwortlich bleibt, darf weiterhin wählen.

Wir reden hier von 80.000 Betreuten; das sind 0,3 % der Wahlberechtigten. Dass die alle von ihren Betreuern beeinflusst werden, und dann noch alle in eine Richtung (womöglich AfD?) - meine Güte, wie wahrscheinlich ist das denn? Natürlich könnte man im Zuge des Betreuungsverfahrens auch prüfen, ob jemand zu einer vernünftigen Wahlentscheidung in der Lage ist. Aber muss man das? Müsste man das dann nicht bei jedem Wahlberechtigten tun? Ist nicht heute schon eine Beeinflussung einer Wahlentscheidung in viel größerem Umfang möglich - Stichwort Fakebook?
Aus eigenem Erleben: Bei einem Betreuten war zu entscheiden, ob die Betreuung auf alle Aufgabenkreise erweitert werden sollte. Dabei stand auch die Frage des Wahlrechts im Raum, was dem Betreuten sehr wichtig war. Der zuständige Richter stellte ihm daraufhin ein paar Fragen: "Wie heißt unser Bundeskanzler?" - "Schröder" - "Zu welcher Partei gehört er?" - "SPD" - "Wie heißt der Außenminister?" - "Fischer" - "Zu welcher Partei gehört er?" - "Grüne". Lapidarer Kommentar des Richters: Er weiß mehr als so mancher Wahlberechtigte.

Das Betreuungsverfahren ist bürokratisch geworden, und das ist auch gut so; früher war es tatsächlich einfacher, die Oma unter Kuratel zu stellen, um schneller ans Erbe zu kommen. Aber eine zusätzliche Prüfung in Staatsbürgerkunde ist überflüssig; man sollte auch vollständig Betreute einfach wählen lassen.

Tut mir leid, aber als einer, der beruflich und privat viel mit Behinderten zu tun hat(te), konnte ich einfach nicht ruhig bleiben. Athineos, du kannst dich wieder zu Wort melden.



zuletzt bearbeitet 25.02.2019 17:30 | nach oben springen

#12

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 17:52
von SirPorthos | 3.127 Beiträge

Zitat von Anthea im Beitrag #1
„Das Bundesverfassungsgericht hat Vorschriften des deutschen Wahlrechts gekippt, nach denen bestimmte Gruppen von Behinderten vom Wahlrecht ausgeschlossen waren.

Konkret ging es in dem Beschluss aus Karlsruhe um Behinderte, denen dauerhaft ein Betreuer zur Besorgung aller Angelegenheiten zur Seite gestellt worden war. Sie waren nach dem Bundeswahlgesetz bisher vom Wahlrecht ausgeschlossen. Das gleiche galt für solche Menschen, die sich in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, weil sie eine Straftat begangen haben, dabei aber schuldunfähig waren und deshalb nicht ins Gefängnis kamen. Auch ihnen darf nicht pauschal das Wahlrecht aberkannt werden.“ Tagesschau

Allerdings, wie es heißt, sollen dennoch nach Prüfung, Menschen von der Wahl ausgeschlossen werden können. Aber wer prüft das und wo ist die Grenze? Was meint „psychisch krank"? Zählt Autismus, Trisomie21, Demenz u.v.a. auch dazu?
Ich glaube, dass oftmals, um nur ja nicht in den Verdacht zu geraten, irgendwelchen menschenverachtenden Ideologien des 3. Reiches anzuhängen – leider gibt es diese Leute ja wieder in Form von AfDlern – und diese aufleben zu lassen, auf der anderen Seite eine Verdachtsausräumung übertrieben wird, die in den Auswirkungen kontraproduktiv ist. Und nicht sein muss. Es gibt überall und für alle Menschen Hürden irgendwelcher Art, die ihnen z.B. nicht erlauben, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. So wird wohl ein stark körperlich Eingeschränkter/Behinderten nicht als Kamimkehrer auf Dächern rumturnen dürfen. Nur mal so als Beispiel. Das wäre unverantwortlich. Und bei der Frage des Wahlrechts halte ich es auch für unverantwortlich, wenn Menschen, die z.B. auf „Betreuer“ angewiesen sind, würden wählen dürfen, da der Manipulation dieser Menschen Tür und Tor geöffnet werden kann. Denn schließlich entscheiden andere und geben vor.

Aktuell dürfen mehr als 80.000 Menschen nicht an Europa- oder Bundestagswahlen teilnehmen.
Ich bin da sehr zwiegespalten. Aber eben auch hauptsächlich wegen der „Expertisen“. Durfte ein Gustl Mollath eigentlich wählen?

Was haltet ihr von der Rücknahme des Wahlbeteiligungsverbots? Jetzt nicht mehr grundsätzlich sondern nach „Aschenputtel-Manier“ – nach Sichtung?

Der BR schreibt:

"Die Verfassungsrichter machten deutlich, „dass bei Menschen, bei denen davon auszugehen ist, "dass die Möglichkeit zur Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen dem Volk und den Staatsorganen nicht in hinreichendem Umfang besteht", ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht grundsätzlich gerechtfertigt sein kann.
Mehrere Betroffene hatten Beschwerde gegen ihren Ausschluss von der Bundestagswahl 2013 eingelegt. Nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts waren bei der Wahl 82.220 vollbetreute Menschen betroffen.“

Hier drängt sich mir auch das Thema der „Inklusion“ auf...

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Anthea,

wenn ich in meiner Heimat erlebe, wieviele nicht behinderte aber mental-moralisch Bekloppte wählen dürfen, so denke ich, dass auch jedem Behinderten ein Wahlrecht zusteht.

Ist nicht jeder Mensch etwas mischugge in der Birne und sei es nur aus Eitelkeit ? Ich bin das beste Beispiel.

Lieben Gruß aus dem alten Land !


Si vis pacem para bellum !
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#13

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 18:53
von Anthea | 12.406 Beiträge

Zitat von all it im Beitrag #11
Auweia, was man hier so liest, da kann man nicht die Füße still halten. Assoziationen von Aschenputtel über kotzende Pferde bis Walking Dead im Zusammenhang mit Betreuten - darauf muss man erst einmal kommen.

Im Moment gibt es bezüglich des Wahlrechts Betreuter einen Automatismus: Wer in allen Aufgabenkreisen (Gesundheit, Vermögen, Aufenthalt, Wohnung, Behördenangelegenheiten) betreut wird, verliert sein Wahlrecht; wer auch nur für einen Aufgabenkreis eigenverantwortlich bleibt, darf weiterhin wählen.

Wir reden hier von 80.000 Betreuten; das sind 0,3 % der Wahlberechtigten. Dass die alle von ihren Betreuern beeinflusst werden, und dann noch alle in eine Richtung (womöglich AfD?) - meine Güte, wie wahrscheinlich ist das denn? Natürlich könnte man im Zuge des Betreuungsverfahrens auch prüfen, ob jemand zu einer vernünftigen Wahlentscheidung in der Lage ist. Aber muss man das? Müsste man das dann nicht bei jedem Wahlberechtigten tun? Ist nicht heute schon eine Beeinflussung einer Wahlentscheidung in viel größerem Umfang möglich - Stichwort Fakebook?
Aus eigenem Erleben: Bei einem Betreuten war zu entscheiden, ob die Betreuung auf alle Aufgabenkreise erweitert werden sollte. Dabei stand auch die Frage des Wahlrechts im Raum, was dem Betreuten sehr wichtig war. Der zuständige Richter stellte ihm daraufhin ein paar Fragen: "Wie heißt unser Bundeskanzler?" - "Schröder" - "Zu welcher Partei gehört er?" - "SPD" - "Wie heißt der Außenminister?" - "Fischer" - "Zu welcher Partei gehört er?" - "Grüne". Lapidarer Kommentar des Richters: Er weiß mehr als so mancher Wahlberechtigte.

Das Betreuungsverfahren ist bürokratisch geworden, und das ist auch gut so; früher war es tatsächlich einfacher, die Oma unter Kuratel zu stellen, um schneller ans Erbe zu kommen. Aber eine zusätzliche Prüfung in Staatsbürgerkunde ist überflüssig; man sollte auch vollständig Betreute einfach wählen lassen.

Tut mir leid, aber als einer, der beruflich und privat viel mit Behinderten zu tun hat(te), konnte ich einfach nicht ruhig bleiben. Athineos, du kannst dich wieder zu Wort melden.


Tja, Till, freut mich ehrlich, dass es dich hinterm Ofen hervorgelockt hat.
Darin bin ich gut - denn ich habe viel Fantasie. Da kann sich allerdings nicht jeder reinfinden.
Allerdings hast du irgendwie das Wort "Fiktion" überlesen? Denn tatsächlich schrieb ich, dass auch ich nicht der Meinung von grundsätzlicher Einflussnahme bin.

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi
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#14

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 19:01
von all it (gelöscht)
avatar

Die einen nennen es Fantasie, die anderen Halluzination. Kicher kicher


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#15

RE: Wahlrecht – "das vornehmste Recht des Bürgers"

in Alles rd. um Familie, Jugend, Kriminalität, Gesetze, Sozialstaat uvm 25.02.2019 19:24
von Anthea | 12.406 Beiträge

Zitat von all it im Beitrag #14
Die einen nennen es Fantasie, die anderen Halluzination. Kicher kicher



Ja, ja, und andere würden ein solches Statement "obsessives Mobbingverhalten" nennen.

---


Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit.
Mahatma Gandhi
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