#1

Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 23.07.2017 14:43
von antenna (gelöscht)
avatar

ist eine Kunst, die keiner kann.

In einem m.M.n. sehr interessanten Artikel der "Frankfurter Allgemeinen" Feuilleton
"Wer bestimmt, was Kinder lernen"

geht es u.a. um die Frage, was passiert, wenn die Schule etwas lehrt, was den Eltern missfaellt.
Dazu gibt es einige diskussionswuerdige Fallbeipiele.

Der Staat bestimmt die Rechtschreiberegeln. Er bestimmt, wann die Kinder in der Schule von Sex hoeren.
Damit muessen die Eltern leben, auch wenn sie es anders sehen.
Muessen sie das? Und was geschieht, wenn es um Moral, Weltanschauung und Religion geht?

Beispiel das Schulgebet - ueberkonfessionell ausserhalb des Religionsunterrichts.
Die einen Eltern wehrten sich dagegen und klagten, andere, die religioes erziehenden, verlangten, dass es bleibt.

Besonders zum Thema Sexualkundeunterricht gab es sehr "kontroverse" Meinungen.

"Im Kapitel „Begattung und Befruchtung“ lesen die Eltern: „Dabei führt der Mann das versteifte Glied in die Scheide der Frau ein.“ Ihre Tochter ist gerade in die fünfte Klasse gekommen und hat das neue Biologiebuch nach Hause gebracht. Die Eltern finden, für solche Sätze sei sie zu jung; in einem gerichtlichen Eilverfahren wollen sie ihr Kind vom Sexualkundeunterricht befreien lassen. In der Stuttgarter Innenstadt drängen Tausende, halten Transparente: „Aufklärung ab 4. Klasse – wie krank sind wir?“ Gegendemonstranten marschieren auf sie zu, brüllen: „Schützt eure Kinder vor euch selbst!“ Polizisten ziehen Sturmmasken übers Gesicht und Schlagstöcke aus dem Halter, in Hundertschaften bilden sie eine Kette zwischen den Gruppen, Farbbeutel, Tomaten klatschen auf, Knüppel sausen durch die Luft, und Menschen liegen am Boden.

Was sich liest wie eine Geschichte, sind zwei Geschichten. Die Szenen spielen im selben Bundesland, aber in verschiedenen Jahrtausenden. Die Fünftklässlerin hatte im August 1974 ihren ersten Tag im Gymnasium in Baden-Württemberg. In Stuttgart fielen die Menschen in den vergangenen beiden Jahren übereinander her, da war das Mädchen von damals schon fünfzig. Erst kürzlich haben die Gegner der „Sexualpädagogik der Vielfalt“ zu einem Symposium nach Wiesbaden eingeladen."


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/de...n-15116395.html



nach oben springen

#2

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 23.07.2017 15:26
von Till (gelöscht)
avatar

Ich kann mich erinnern, dass ich so etwa in der dritten Klasse von Mitschülern und/oder Spielkameraden "aufgeklärt" wurde, mit der entsprechenden Qualität.
Da halte ich es grundsätzlich für besser, wenn Kinder ab der 4. Klasse in der Schule - möglichst behutsam - mit dem Thema konfrontiert werden, vor allem auch mit dem Thema Missbrauch.


nach oben springen

#3

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 23.07.2017 16:25
von antenna (gelöscht)
avatar

Zitat von Till im Beitrag #2
Ich kann mich erinnern, dass ich so etwa in der dritten Klasse von Mitschülern und/oder Spielkameraden "aufgeklärt" wurde, mit der entsprechenden Qualität.
Da halte ich es grundsätzlich für besser, wenn Kinder ab der 4. Klasse in der Schule - möglichst behutsam - mit dem Thema konfrontiert werden, vor allem auch mit dem Thema Missbrauch.


Zweifelsohne.
Es geht in dem Artikel aber auch darum, ob Lehrer bei der Erziehung von Kindern gleichberechtigt sind mit den Eltern und um Wertevermittlung.



nach oben springen

#4

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 23.07.2017 16:54
von Anthea | 12.397 Beiträge

Danke, antenna, für den hochinteressanten Artikel, den ich vollständig gelesen habe.
Mein erster Gedanke dabei war: Arme Lehrer_innen.

Denn natürlich kann man es nicht allen recht machen, jedoch ist hier oftmals die Anspruchshaltung der Eltern über alles erträgliche Maß und Hang zur Einsicht ein Quell steten Ärgernisses. Denken doch gerade sie, dass nun einmal "ihr" Kind die berühmte Ausnahme zu bilden habe...In Bezug auf die Handhabung von Regeln.

Es gibt für mich keinen Grund, einfache Fakten in frühen Jahren nicht zu lehren. Wozu dann auch die Art des Vollzugs des Geschlechtsaktes gehört. Die Kinder werden das lockerer wegstecken und lernen, als wenn verklemmte Eltern irgendwann einmal herumstottern.
Ich jedenfalls habe das zum damaligen Zeitpunkt als ungemein peinlich angesehen.

Ich bin mal gespannt, wie moorhuhn das Problem sieht. Momentan kämpft sie noch gegen den Jetlag an. ;-)


---


Träume, als lebtest du ewig - lebe, als stürbest du heute. James Dean


zuletzt bearbeitet 23.07.2017 16:55 | nach oben springen

#5

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 24.07.2017 13:39
von Minou | 149 Beiträge

Die meisten Eltern von heute bereits müssten doch zu ihrer Schulzeit Aufklärungsunterricht bekommen haben, dann sollten sie sich daran erinnern, wie das damals für sie gewesen ist. Kinder sind neugierig und nicht leicht peinlich berührt. Manche haben allerdings - besonders wenn es ihnen zuhause so vorgelebt wird - ein ausgeprägtes Schamgefühl, für eine Lehrkraft bestimmt eine schwierige Voraussetzung. Man kann den Unterricht jedoch nicht dem Reifealter gemäß gestalten, sonst klären sich die Kinder bloß gegenseitig auf.

Es geht ja nicht nur um Aufklärung, sondern auch darum, was man darf und was nicht - Nacktheit ist völlig natürlich, trotzdem soll man sich vor anderen nicht ausziehen - und in diesem Zusammenhang um Vorbeugung vor Übergriffen.

Kindern sollte beigebracht werden, ohne Scheu über Dinge zu reden, die sie belasten. Mir steigt immer wieder die Gänsehaut hoch, wenn ich lese, wie sehr Eltern gegen den Aufklärungsunterricht ankämpfen: In meinem eigenen Bekanntenkreis hatte sich ein Vater vehement dagegen gewehrt - er wurde wegen jahrelangem Missbrauch seiner minderjährigen Töchter zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt …

Man liest auch immer wieder, dass es heute noch Mädchen geben soll, die glauben, von einem Kuss schwanger werden zu können. Ist denn der Aufklärungsunterricht nicht an allen Schulen üblich?


Beginne den Tag mit einem Lächeln, denn jeder Tag ist ein Geschenk.
nach oben springen

#6

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 24.07.2017 15:23
von Till (gelöscht)
avatar

Zu meiner Zeit gab es rudimentären Aufklärungsunterricht in der 8. Klasse. Den meisten Gegnern sind 4. oder 5. Klasse zu früh. Die sehen aber offenbar nicht die Realität der "gegenseitigen Aufklärung", die viel früher stattfindet, oder sie schotten ihre Kinder von allen äußeren Einflüssen ab, was mindestens genau so schlimm ist.


nach oben springen

#7

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 24.07.2017 17:04
von heiner | 881 Beiträge

Die Liebe, die man als Kind von den Eltern bekommt, wird im Laufe der Pubertät zu der Liebe zwischen Mann und Frau. Wenn man auf die Veränderungen frühzeitig eingestellt ist, wird es da keine unnötigen Friktionen geben, das jedoch wird auch heute noch, immer wieder zum Problem.

Warum nur sind manche Eltern so gehemmt und schüchtern? Wenn die Frage von "Menschwerdung" frühzeitig und ehrlich angesprochen wird, dann gibt es in der Pubertät keine bösen Überraschungen.


Anonymer Gutmensch findet das Top
Anonymer Gutmensch hat sich bedankt!
nach oben springen

#8

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 26.07.2017 17:28
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Es gibt für mich keinen Grund, einfache Fakten in frühen Jahren nicht zu lehren. Wozu dann auch die Art des Vollzugs des Geschlechtsaktes gehört. Die Kinder werden das lockerer wegstecken und lernen, als wenn verklemmte Eltern irgendwann einmal herumstottern.
Ich jedenfalls habe das zum damaligen Zeitpunkt als ungemein peinlich angesehen.

Ich bin mal gespannt, wie moorhuhn das Problem sieht. Momentan kämpft sie noch gegen den Jetlag an. ;-)


Jo, das sind wenigstens echte Probleme, lol

Nee, im Ernst, der Schule wird in einträglicher Regelmäßigkeit der Vorwurf gemacht, sie verbreite unnützes Wissen, würde zu wenig auf das reale Leben vorbereiten usw.
Was bitte schön ist mehr reales Leben als Liebe, Sex und Partnerschaft? Wir beklagen oft Gefühlsarmut, Verklemmtheit und daraus entstehende psychische Defizite. Das ist u.a. das Resultat einer fehlenden, fehlgesteuerten oder verspäteten sexuellen Aufklärung.
Lehne mich mal etwas aus dem Fenster, Triebtäter und Psychopaten werden nicht als solche geboren! Ergänzend sei, wie hier schon angesprochen, dass man mit Wissen Selbstbewusstsein erlangt und sich schützen kann vor Missbrauch, ungewollter Schwangerschaft und Gewalt.
Es ist ein Merkmal von Schule, pragmatisch und wissenschaftlich vorzugehen, ergänzt durch ethisch-soziale Aufbereitung.
Nun ist es ja so, dass Eltern in einem zwar freien Land nicht immer auch freie Entscheidungen treffen dürfen. Dazu ist meine persönliche Meinung, dass von Seiten des Staates der Hausunterricht durchaus erlaubt werden sollte. Allerdings mit allen Konsequenzen für die betreffenden Kinder. Ich glaub, in Österreich gibt es das.


---



zuletzt bearbeitet 26.07.2017 20:07 | nach oben springen

#9

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 26.07.2017 17:29
von moorhuhn | 1.486 Beiträge

Hab wieder schlampig zitiert, sorry


nach oben springen

#10

RE: Allen Menschen recht getan...

in Schule und Bildung 18.04.2021 20:08
von denker_1 | 1.598 Beiträge

Zitat von Antenna

"Im Kapitel „Begattung und Befruchtung“ lesen die Eltern: „Dabei führt der Mann das versteifte Glied in die Scheide der Frau ein.“ Ihre Tochter ist gerade in die fünfte Klasse gekommen und hat das neue Biologiebuch nach Hause gebracht. Die Eltern finden, für solche Sätze sei sie zu jung; in einem gerichtlichen Eilverfahren wollen sie ihr Kind vom Sexualkundeunterricht befreien lassen. In der Stuttgarter Innenstadt drängen Tausende, halten Transparente: „Aufklärung ab 4. Klasse – wie krank sind wir?“ Gegendemonstranten marschieren auf sie zu, brüllen: „Schützt eure Kinder vor euch selbst!“ Polizisten ziehen Sturmmasken übers Gesicht und Schlagstöcke aus dem Halter, in Hundertschaften bilden sie eine Kette zwischen den Gruppen, Farbbeutel, Tomaten klatschen auf, Knüppel sausen durch die Luft, und Menschen liegen am Boden.

Was sich liest wie eine Geschichte, sind zwei Geschichten. Die Szenen spielen im selben Bundesland, aber in verschiedenen Jahrtausenden. Die Fünftklässlerin hatte im August 1974 ihren ersten Tag im Gymnasium in Baden-Württemberg. In Stuttgart fielen die Menschen in den vergangenen beiden Jahren übereinander her, da war das Mädchen von damals schon fünfzig. Erst kürzlich haben die Gegner der „Sexualpädagogik der Vielfalt“ zu einem Symposium nach Wiesbaden eingeladen.



Grauenhaft!

Die sollen mal gegen die Kinder fickenden Priester auf die Straße gehen und deren härteste Bestrafung fordern! Heuchlerbande!


kuschelgorilla hat sich bedankt!
nach oben springen



Besucher
0 Mitglieder und 5 Gäste sind Online

Besucherzähler
Heute waren 86 Gäste , gestern 261 Gäste online

Forum Statistiken
Das Forum hat 2262 Themen und 50172 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online: